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Für kaputte Gegenstände gibt man gemeinhin nicht viel Geld aus, zumindest wenn es sich um solche aus der Ebay-Kategorie »Für Bastler« handelt. Üblicherweise gilt dies auch für zerstörte E-Gitarren. Es sei denn, die Gitarre gehörte einmal Kurt Cobain, dem Helden aller Kinder der Neunziger, und wurde von ihm persönlich in ihre Einzelteile zerlegt. Einem unbekannten Sammler war eine »Fender Mustang« des ehemaligen Sängers und Gitarristen von Nirvana bei einer Versteigerung 100 000 US-Dollar wert. Cobain zerschmetterte die Gitarre 1989 auf der ersten US-Tournee der Band während eines Auftritts in Hoboken (New Jersey) auf der Bühne. Ein Gitarrist der Band »Hullabaloo« verschaffte ihm damals einen funktionierenden Ersatz – und bekam im Austausch Cobains zertrümmerte Gitarre, die der kluge Anleger nun zur Versteigerung anbot.
Auch im Zuge der Wirtschaftskrise scheint es also äußerst lohnenswert zu sein, Gegenstände aus dem ehemaligen Besitz von berühmten, wenn möglich toten Musikern oder anderen Berühmtheiten zu versteigern. Courtney Love, die an der Quelle sitzt, hat mit dieser Strategie wahrscheinlich schon eine Menge Geld gemacht. Bereits vor zwei Jahren hatte sie angekündigt, die ansehnliche Sammlung von Flanellhemden, die Cobain ihr hinterlassen hatte, lieber zu versteigern, als sie in Kisten vermodern zu lassen. Angesichts der Krise ganzer Wirtschaftszweige offenbart sich hier erneut die erstaunliche Adaptionsfähigkeit des Kapitalismus: Cobain, die Personifizierung der Rebellion und das Symbol jugendlicher Konsumverweigerung, hätte wohl nie geglaubt, dass sich versiffte Grunge-Hemden, ungewaschene Haarsträhnen und mit Tape zusammengehaltene Instrumente jemals vermarkten ließen. Und in den vergangenen Jahren sah man tatsächlich kaum noch dünne Jugendliche mit karierten Klamotten und langen Haaren. Doch die Nostalgie stellt sich eben mit Sicherheit ein, und so beginnen derzeit die Indie-Jünger in den Großstädten wieder, Holzfäller-Hemden zu tragen. Vorausschauende Anleger sollten nun also so weise sein und sich mit den defekten Instrumenten und der gruseligen Kleidung derzeit angesagter Jugendkapellen eindecken. In der nächsten Krise könnte dies Gold wert sein.