Heiße Eisen

Wenn deutschen Journalisten danach ist, sich über doofe Amis lustig zu machen, dauert es meist nicht lange, und dann werden Beispiele für ganz besonders blödsinnige US-Gebrauchsanleitungen bzw -Warnhinweise erwähnt. In denen wird angeblich dringend davon abgeraten, nasse Hunde in Mikrowellenherden trocknen zu wollen. Gepaart mit ein paar launigen Bemerkungen über den Bildungsstand in den USA und übertriebenen Verbraucherschutz ist ruckzuck ein Artikel fertig, der wieder einmal beweist: Amis sind doof.
Das mag ja alles sein. Die Deutschen sind jedoch mindestens genauso doof. Jedenfalls ist das die einzige Erklärung für den Erfolg der einschlägigen »Wir schützen unsere Deppen«-Beiträge, die Woche für Woche in Magazinen der privaten Sender, und ganz besonders bei Stern-TV, gute Einschaltquoten erzielen.
Das Prozedere ist jedes Mal gleich: Der Moderator kündigt an, dass nun ein ganz besonders heißes Eisen angepackt oder von einer Gefahr berichtet werde, von der Millionen bislang nichts geahnt hätten.
Und dann geht’s los: Untermalt von dümm­licher Spannungsmusik, ziehen Reporter los, um nachzuweisen, dass sich etwa an Kaufhaus-Türklinken Bakterien befinden, dass Briefmarkengummierung Kalorien enthält, Ziegelsteine von Dächern fallen können. Es folgt ein Straßeninterview, in dem sich Passanten darüber entrüsten, erst jetzt durch eben diese Reporter von der furchtbaren Gefahr erfahren zu haben. Und, natürlich, die dringende Forderung an die Politik richten, Abhilfe zu schaffen. Manchmal muss sogar der für Briefmarken zuständige Minister ins Studio, um sich dafür zu rechtfertigen, dass der Kalorienskandal schon lange bekannt war, aber bewusst vertuscht wurde.
Wetten, dass der US-Warnung vor dem Hund in der Mikowelle genau so eine Sendung vorausgegangen ist?