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Nein, die Wahlbeteiligung von 100 Prozent wurde nicht erreicht …  Nur 99,98 Prozent der registrierten Wahlberechtigten gingen am Sonntag zur so genannten Parlamentswahl in Nordkorea. Aber nicht fehlendes Interesse hielt die übrigen 0,02 Prozent des Staatsvolks davon ab, den Kandidaten der Nationalen Front ihre Stimme zu geben. Wie die staatliche Nachrichtenagentur KCNA erklärte, hätten die Wähler bei der Abstimmung gefehlt, weil sie »abroad« (im Ausland?) weilten, beziehungsweise im Meer gearbeitetet (»working in oceans«) hätten.
Dafür gab es aber, KCNA zufolge, volle 100 Prozent Zustimmung für den »Geliebten Führer« Kim Jong-il in seinem Wahlbezirk, ebenso wie für alle anderen 686 Kandidaten, von denen pro Wahl­bezirk jeweils einer zur Auswahl stand. Dass Kim Jong-il noch lebt, bewiesen die nordkoreanischen Medien bei der Gelegenheit mit der Veröffentlichung eines Fotos des Diktators bei der Stimmabgabe.
Auf der bereits am Montag veröffentlichten Liste der neuen Ab­geordneten fehlte überraschenderweise der jüngste Sohn Kim Jong-ils, Kim Jong-un, auch genannt »König Morgenstern« (Jungle World 9/09). Damit gilt es als sicher, dass er, anders als es zuvor erwartet worden war, nicht zu den möglichen Nachfolgern des »Ge­liebten Führers« zählt.
Zur selben Zeit, da die Wahlfarce über die Bühne ging, schürte das nordkoreanische Regime die Kriegsangst. Angesichts eines gemeinsamen Großmanövers der USA und Südkoreas, an dem 24 000 US-Soldaten teilnehmen, hat Kim Jong-il seine Streitkräfte in »volle Kampfbereitschaft« versetzt.
Nordkorea plant, einen nach eigenen Angaben rein »zivilen Satelliten« ins All zu schießen, Geheimdienste anderer Staaten gehen jedoch davon aus, dass es sich um den Test einer Langstreckenrakete handeln soll, den man verhindern möchte. »Ein Abschuss unseres für friedliche Zwecke gebauten Satelliten würde konkret Krieg bedeuten«, erklärte die Regierung in Pjöngjang. Sollte der Satellit abgefangen werden, würde Nordkorea mit Militärschlägen gegen Stützpunkte der USA, Japans und Südkorea antworten.