Interview mit Harri Hiitiö über das Leben in der Nähe eines Endlagers

»Wir vertrauen unseren Experten«

Harri Hiitiö ist Bürgermeister von Eurajoki, in dessen nächster Nähe es bisher zwei Atomreaktoren gibt, ein dritter Reaktor ist im Bau, ein vierter in Planung. Nun soll dort auch noch das erste europäische Endlager für Reaktorbrennstäbe entstehen – die Gemeinde im Südwesten Finnlands hat sich dafür extra beworben. Der Konzern Posiva, der das Endlager in Eurajoki baut, hat Medienberichten zufolge in die Infrastruktur der Gemeinde investiert.

Fast überall auf der Welt gibt es Proteste von Anwohnern, wenn in deren Nachbarschaft Atommüll gelagert werden soll. In Ihrer Stadt sind die Einwohner angeblich glücklich über das in ihrer Gemeinde errichtete Endlager. ­Warum?

(lacht) Ich denke, »glücklich« wäre zu viel gesagt. Aber wir verstehen einfach, dass man den Atommüll unter die Erde bringen muss. Wir in Finnland übernehmen gerne Verantwortung. Schließlich profitieren wir ja von der Atomenergie, wir sollten deshalb auch die Konsequenzen annehmen und den Atommüll verantwortungsvoll einlagern.

Bekommen die Menschen in Eurojaki denn etwas vom Konzern Posiva, der bei ihnen das Endlager baut?

Oh, eigentlich nicht so viel. Wir profitieren von den Steuern, die der Konzern an die Gemeinde zahlt.

Gibt es bei Ihnen denn niemand, der gegen das Endlager und die Reaktoren protestiert?

Die gibt es, und früher gab es mehr. Aber heute sind die Gegner des Endlagers in der Minderheit. Die Mehrheit der Menschen in Eurajoki ist mit dem Vorhaben einverstanden.

In Deutschland gibt es derzeit Probleme im Atommülllager Asse. Obwohl die Experten vor 20 Jahren meinten, der dortige Salzstock sei ein sicheres Lager, dringt heute Wasser in das Lager ein, es droht sogar einzustürzen. Könnte derartiges bei Ihnen nicht passieren?

Wir in Finnland vertrauen unseren Experten. Wenn sie sagen, dass das Endlager bei uns in unseren Granitfelsen sicher aufgehoben ist, dann vertrauen wir ihnen. Wir vertrauen auch den verantwortlichen Sicherheitsbehörden, die das Endlager genehmigt haben.

Denken Sie, dass die Deutschen sich beruhigen und auch auf ihre Experten vertrauen sollten?

(lacht) Das ist ihr Problem, ich weiß nicht, ob man ihnen vertrauen kann. Aber wir vertrauen unseren. Ich denke dass die Finnen gegenüber moderner Technologie besonders aufgeschlossen sind. Aber das ist eben nicht überall der Fall.

Haben Sie manchmal Angst, dass früher oder später doch irgendetwas schief geht? Und was würden Sie dann tun?

Ich weiß nicht was ich dann tun würde. Ich bin mir sehr sicher, dass nichts schief geht. Deshalb habe ich auch keine Angst.

Haben Sie eine Empfehlung für die deutsche Mehrheit, die der Atomkraft misstraut?

Nein, das muss wirklich jeder für sich entscheiden, eine Empfehlung habe ich nicht. Die einen sehen das eben so, die anderen sehen es eben anders. Das ist doch in Ordnung.