Die NPD darf nicht pleite gehen

Rettet die NPD!

Die NPD darf nicht pleite gehen. Denn dann würden auch bei den Opferberatungsstellen Arbeitsplätze gestrichen, während sich die Nazis neu organisieren.

Es ist zu hoffen, dass eine derart durch die Vergangenheit und Traditionen geprägte Partei wie die NPD ihre Erfahrungen aus besseren Tagen nicht vergessen hat. Zumal dann, wenn der Führer, der einst die Anweisungen gab, Hess hieß. Zwar nicht Rudolf, sondern nur Otto, aber immerhin. Und Otto Hess, Neffe von Rudolf Hess, gab schon 1966 als Leiter der Propagandaabteilung des NPD-Parteivorstands wertvolle Hinweise zum Sammeln von Parteispenden: »Wir brauchen Geld. Aufpassen und nicht schlafen! Unzählige Male haben Besucher berichtet, dass der Sammler weitereilte, während sie nach dem Geldbeutel griffen. Der Verantwortliche muss Gefäße zum Sam­meln bereithalten. Keine alten Hüte! Am besten tiefe Teller!« Tatsächlich spendeten die Kameraden einst zur Sanierung der Parteifinanzen sogar das kostbarste Gut – ihr deutsches Blut –, kassierten dafür Bares und ließen dies dem Schatz­meister zukommen.

Wohlgemerkt: Es ist durchaus zu begrüßen, dass die NPD finanziell auf dem vorletzten Loch pfeift. Bereits dieser Umstand ist der Nachweis, dass die NPD – entgegen den Behauptungen von Traditionskommunisten – nicht durch das Großkapital ausgehalten wird. Dass die NPD aber demnächst Konkurs anmelden muss, das darf nicht sein. Denn dann droht der Verlust von Arbeitsplätzen. Dabei geht es nicht um die Arbeitsplätze bei der NPD, obwohl ein Konkurs zweifellos dazu führen würde, dass auch eine Reihe von Arbeitsplätzen bei der Partei wegfallen würde. Vor allem aber hät­te der Ruin der NPD – der derzeit einzigen ernsthaften Wahlpartei der extremen Rechten – relativ schnell die Folge, dass die Förderprogramme unter Labeln wie »Weltoffenheit«, »Demokratie« und »Toleranz« eingestellt würden.
Auch dies würde zunächst lediglich bedeuten, dass die wirkliche Lage endlich realistisch betrachtet werden kann. Denn die »Demokratiezentren« und Ähnliches sind eben kein Ausdruck einer funktionierenden Zivilgesellschaft, sondern Deckmäntel für das Versagen des Staats. Der »Aufstand der Anständigen« ist gescheitert, der »Aufstand der Zuständigen« hat gar nicht begonnen. Vom zu erwartenden Arbeitsplatzabbau wären aber auch die Mobilen Beratungsteams und die Opferberatungsstellen betroffen. Diese sind die einzigen unabhängigen Instanzen, an die sich die Opfer von Nazigewalt wenden können. Selbst wenn es sonst keinen einzigen anderen Grund gäbe, dürfte die NPD schon allein deshalb nicht in Konkurs gehen.

Aber es gibt weitere gewichtige Gründe. Niemand wird ernsthaft davon ausgehen, dass ein Nazi kein Nazi mehr ist, weil seine Nazipartei kein Geld mehr hat. Weiterhin wird es Nazis geben, die Nazipolitik machen – aber wo? In welchen Zusammenhängen wird dann der ehemalige NPD-Kreisvorsitzende auftauchen? Und bei welcher Ka­meradschaft werden seine Nazi-Kameraden unterkriechen? Wie läuft jetzt die Kommunikation zwischen den ehemaligen NPD-Kadern, die ihre Arbeit gleichsam ehrenamtlich fortführen? Das bedeutet viel Arbeit für die Antifa und für recherchierende Journalisten, denn die Arbeit des Inlandsgeheimdienstes ist insbesondere in Ostdeutschland meist so geheim, dass nicht einmal dessen Mitarbeiter wissen, was sie wissen und was nicht. Trotzdem würde auch der Geheimdienst den Anlass nutzen, um Personalaufstockung und zusätzliche Finanzmittel zu fordern. Wer also nicht will, dass der Verfassungsschutz weiter ausgebaut wird, der sollte lieber hoffen, dass die NPD keine Pleite erleidet.

Dass die NPD pleite geht, ist jedoch ohnehin unrealistisch. Denn im Zweifelsfall wird sie wie zuvor schon die Hypo Real Estate, Schaeffler oder demnächst Opel behandelt werden. Das Krisenrettungsprogramm dürfte schnell beschlossen sein. Das Innenministerium wird noch nicht einmal auf staatliche Beteiligung an der NPD dringen, denn die ist mittels der Spitzel in der Partei ohnehin gegeben. Außerdem kann der Staat bei der Rettung der NPD bereits auf Erfahrung zurückgreifen. Nach der Bundestagswahl 1972 musste die NPD 1,9 Millionen DM zuviel erhaltener Vorschüsse zurückzahlen. Ratenzahlung machte ihr Überleben möglich. 1978 waren noch 750 000 DM zu zahlen, die die NPD nicht aufbringen konnte. Der Landesverband Schleswig-Holstein stotterte seine Schulden in monatlichen Raten von 500 DM ab. Die NPD ist krisenerfahren. Schuldenfrei war sie in ihren Geschichte so gut wie nie.
Den Konkurs wird es also nicht geben. Er wäre auch nicht im Sinne der Demokratie. Gleich­behandlung und Vertrauensschutz gehören zu deren Geboten. Folglich darf die NPD nicht anders behandelt werden als die CDU nach deren Spendenskandalen, und folglich muss sie ähnlich behandelt werden wie in der Vergangenheit.