Individuum und Gemeinschaft in der anarchistischen Theorie des 20. Jahrhunderts

Wie sich Völker bilden

Das Individuum und die Gemeinschaft in der anarchistischen Theorie des 20. Jahrhunderts.

In Zeiten, in denen eine christdemokratische Bundeskanzlerin sich eigenverantwortlich zum Staatssozialismus bekehrt, Zehntausende meist sich als »links« apostrophierende Demonstranten unter der Parole »Wir zahlen nicht für eure Krise« zur Jagd auf Heuschrecken aufrufen und die Volksmehrheit sich aggressiv wie selten nach dem wärmenden Gefühl gemeinschaftlicher Entbehrung sehnt, ist endlich, so sollte man meinen, die Stunde des Anarchismus gekommen – sei es wegen seiner Skepsis gegen jede Art staatlich organisierter Wohlfahrt, sei es wegen seiner Abneigung gegen sozialistischen Arbeitsfetischismus oder seines Plädoyers für Selbstgenuss und Wohlgefallen. Dennoch kann von einer Renaissance des Anarchismus weder als Lebenspraxis noch als Theorie die Rede sein. Jürgen Mümken, Teilnehmer des jüngst in Berlin veranstalteten Kongresses »Anarchismus im 21. Jahrhundert«, äußerte sich im Interview mit der Jungle World (15/09) über »Anarchismus als Idee in der Krise« zwar kritisch zur pauschalen Staatskritik des Anarchismus (»Wenn man Herrschafts­verhältnisse überwindet, verschwindet auch der Staat, aber wenn man den Staat überwindet, verschwinden noch lange nicht Herrschaftsverhältnisse«), vermochte als Beispiele für anarchistische Praxis jedoch kaum mehr anzuführen als den Protest gegen Castor-Transporte oder den Wunsch, »die Verhältnisse so zu ändern, dass der Mensch in einer freien Gesellschaft leben kann«.
Aber agitieren nicht dieselben, die am liebsten sofort die gesamte Privatwirtschaft verstaatlichen würden, unter dem Schlagwort der »Zivilgesellschaft« im Namen der »Menschen« gegen den Staat? Beteiligen sich nicht längst Politiker staatstragender Parteien an der ökologisch korrekten Blockade von Bahngleisen? Und ist das Hausen in Wohngemeinschaften oder Ladenfenstern dank der »digitalen Boheme« und diverser unappetitlicher Strandbars nicht längst zum Lifestyle fröhlich prekarisierter Freiberufler geworden? Sind wir vielleicht alle ohnmächtige Anarchisten? Im Folgenden soll, notwendigerweise skizzenhaft und fragmentarisch, die Vermutung formuliert werden, dass der Niedergang des Anarchismus im 20.Jahrhundert einherging mit dem Siegeszug eines trügerischen Doubles, das in weiten Teilen früherer anarchistischer Theorie bereits angelegt ist, aber erst im begriffslosen Wahn des Poststrukturalismus, wie er sich am authentischsten in der Sprach- und Denkform von Deleuzes und Guattaris »Tausend Plateaus« niederschlägt, zu sich selbst kommt. Erklärt sich die Widersprüchlichkeit früherer anarchistischer Theoriebildung aus ihrer defensiven, gegenüber den Verhältnissen ohnmächtigen Position, so erklärt sich der Erfolg ihrer postmodernen Widergänger aus der Tatsache, dass Ohnmacht und Desintegration längst keine marginalen, sondern allgemeine Erfahrungen geworden sind. Mit der Postmoderne geht die Ohnmacht in die Offensive und wird potentiell mörderisch, während der Anarchismus, seinen besseren Möglichkeiten zum Trotz, sich selbst zu annullieren droht.

Der »Staat« und die »Völker«
Den Anarchismus unterscheidet von sich kommunistisch nennender Herrschaftskritik nicht seine Kritik am Staat, sondern die spezifische Form, in der diese Staatskritik sich artikuliert. Während der Kommunismus, noch in seiner auf Engels zurückgehenden, sich »wissenschaftlich« nennenden Populärvariante, eine Aufhebung des bürgerlichen Staats avisiert, welche das Vorhandensein entwickelter Formen bürgerlicher Vergesellschaftung, also die Ausbildung einer bestimmten Subjektform, den Begriff des autonomen Individuums, einen hohen Grad gesellschaftlicher und ökonomischer Differenzierung, vor allem aber die Genese einer gewissermaßen sozialpsychologischen Disposition zur Freiheit in den einzelnen Individuen, immer schon voraussetzt, wohnt anarchistischen Ansätzen die Suggestion inne, all dies lasse sich nur gleichsam unterhalb des bürgerlichen Staats und seiner Institutionen entwickeln. Der Staat soll hier im strengen Sinn also gar nicht aufgehoben, sondern subvertiert oder untergraben werden.
Dieser Denkfigur, deren regressive Konsequenzen unverdeckt erst im Poststrukturalismus zu Tage treten, verdankt sich sowohl die penetrante Graswurzel-, Netzwerk- und Rhizom-Metaphorik in den einschlägigen Texten wie auch die Affinität des Anarchismus zu diversen Subkulturen bei gleichzeitiger Ferne zu organisierter Arbeiterschaft und Bürgertum. (1) Die Subkulturen und das Lumpenproletariat oder, in postmodernem Soziolekt, »das Minoritäre«, »Nomadische«, spielen im Anarchismus die Rolle, die bei Marx der Arbeiterklasse zukommt.
Die Rede vom Absterben des Staats wird denn auch in kommunistischer und anarchistischer Tradition durchaus unterschiedlich interpretiert. In der Formulierung von Engels, bei dem sich ansonsten zahlreiche fragwürdige Analogien zwischen Geschichtsschreibung und Naturwissenschaft finden, steht eine organizistische Deutung der Metapher nicht zur Debatte: »Sobald es keine Gesellschaftsklasse mehr in der Unterdrückung zu halten gibt, sobald mit der Klassenherrschaft und dem in der bisherigen Anarchie der Produktion begründeten Kampf ums Einzeldasein auch die daraus entspringenden Kollisionen und Exzesse beseitigt sind, gibt es nichts mehr zu reprimieren, das eine besondere Repressionsgewalt, einen Staat, nötig machte. (…) Das Eingreifen der Staatsgewalt in gesellschaftliche Verhältnisse wird auf einem Gebiete nach dem anderen überflüssig und schläft dann von selbst ein. An die Stelle der Regierung über Personen tritt die Verwaltung von Sachen und die Leitung von Produktionsprozessen. Der Staat wird nicht ›abgeschafft‹, er stirbt ab.« (2)
Der Staat stirbt demnach ab, nicht wie ein welkes Blatt, das die Pflanze zwecks Regeneration ihrer Lebenskraft von sich stößt, sondern wie eine anachronistisch gewordene Tradition, die sich zwar in der empirischen Wirklichkeit noch immer in vielerlei Institutionen, Handlungsweisen und Gewohnheiten sedimentieren mag, die jedoch – wie Kirchengebäude in einer vom religiösen Bedürfnis emanzipierten Gesellschaft – der Gesamtheit der Menschen zunehmend als ornamentales, komisches oder auch imposantes Relikt einer überwundenen Stufe ihrer Menschwerdung, als Restbestand der eigenen Vorgeschichte erscheint. Im Gegensatz zur »Abschaffung« ruft die Rede vom »Absterben« und »Einschlafen« jedoch auch das bewahrende Moment der »Aufhebung« in Erinnerung: Was glück­lich aufgehoben worden ist, muss nicht getötet werden, weil es sich aus seiner eigenen Dynamik heraus überflüssig gemacht hat, indem es verwirklichte, was nur durch es selbst denkbar und dennoch zugleich verhindert worden ist. Indem die Menschen ihre gesellschaftlichen Beziehungen, die ihnen in Form des Staats als Fremdes, Heteronomes gegenübertreten, zu ihrer eigenen Sache machen, realisieren sie im doppelten Sinn ihre Freiheit, die doch in nichts anderem besteht als in eben jenen Beziehungen, die sie zuvor als Abhängigkeiten erfahren hatten.
Der Anarchismus in seinen verschiedenen Varianten stellt diesem Bild des Absterbens oder Einschlafens des Staats zumeist eine Ikonographie des Belebens, Aufblühens und »Werdens« der heterogenen Einzelnen entgegen, welche nicht mehr, wie bei Marx in der Rede von der »Weltgesellschaft« oder vom »Weltverkehr« (3), auf eine erfüllte Universalität bezogen sind, sondern als disperse Vielheit, als Gewimmel der an kein Territorium gebundenen, nomadischen »Völker« vorgestellt werden, die durch ihre »Alltagspraktiken« den Staat zum Absterben bringen wie eine parasitäre Form, von der die lebendige Vielheit am Atmen gehindert werde. (4) Aus dieser Fetischisierung einer nur abstrakt bestimmten, jedoch als vital gedachten Pluralität, die bereits in den lebensphilosophisch grundierten anarchistischen Landkommunen- und Lebensreformprojekten der Jahrhundertwende omnipräsent ist und in Hardts und Negris dem »Empire« gegenübergestellter »Multitude« fröhliche Urständ feiert (5), beziehen anarchistische Gesellschaftsentwürfe ihren Distinktionsgewinn gegenüber dem vermeintlich starren Kollektivismus ihres kommunistischen Konterparts.
Um dieses Missverständnis aufzulösen, genügt es, bei Marx selbst nachzulesen: »Erst wenn der wirkliche individuelle Mensch den abstrakten Staatsbürger in sich zurücknimmt und als individueller Mensch in seinem empirischen Leben, in seiner individuellen Arbeit, in seinen individuellen Verhältnissen, Gattungswesen geworden ist, erst wenn der Mensch seine ›forces propres‹ als gesellschaftliche Kräfte erkannt und organisiert hat und daher die gesellschaftliche Kraft nicht mehr in Gestalt der politischen Kraft von sicht trennt, erst dann ist die menschliche Eman­zipation vollbracht.« (6)
Aufhebung des Individuums als »abstrakten Staatsbürger« bedeutet demnach weder Liquidation der juristischen und ökonomischen Form der Staatbürgerschaft im Namen einer als menschengemäßer vorgestellten, naturwüchsigen »Kameradschaft« oder »Brüderlichkeit«, noch Unterwanderung des bürgerlichen Staats und seiner Ökonomie durch anschaulichere Produktionsformen, »gerechten Tausch« oder »solidarische Ökonomie«, wie dies in anarchistisch inspirierten Revolutionstheorien dann regelmäßig genannt wird, sondern Rücknahme des »abstrakten Staatsbürgers« in den »individuellen Men­schen« und Aufhebung der Sphäre des Politischen durch Rückführung der als »politisch« vom Individuum abgespaltenen und an seine Funktion als Staatsbürger delegierten »gesellschaftlichen Kraft« ins Individuum selbst. Wenn der »individuelle Mensch« seine »forces propres« als »gesellschaftliche Kräfte« erkennt, so nicht, um sie einem heteronomen Zweck zu unterwerfen – das wäre nichts anderes als »Politik« –, sondern um sie durch Aufhebung der Sphäre heteronomer Zwecke zur gesellschaftlichen Kraft zu machen.
Dass dabei an die Stelle der »Regierung über Personen« die »Verwaltung von Sachen« tritt, heißt nicht, dass Personen wie Sachen behandelt würden, sondern dass der »individuelle Mensch« die bürgerliche Subjektform der »Person« sprengt und sich dadurch überhaupt erst in Stand setzt, die Bedingungen seines Lebens als seine eigene »Sache« und »Sache« der Menschheit zu bestimmen. Gerade indem er die Perpetuierung des Gattungszwangs durchbricht und von der Vorgeschichte in die Geschichte eintritt, wird der »individuelle Mensch« zum »Gattungswesen«. Der individuelle Mensch ist mithin keine bloße Funktion der Emanzipation der Gattung, sondern deren Voraussetzung und Ziel und bleibt an jeder Stelle Gravitationspunkt des gesamten Prozesses: »Das Bestehende, was der Kommunismus schafft, ist eben die wirkliche Basis zur Unmöglichmachung alles von den Individuen unabhängig Bestehenden, sofern dieses Bestehende dennoch nichts als ein Produkt des bisherigen Verkehrs der Individuen selbst ist.« (7)

Anthropologie der Freiheit
Hierbei tun sich nun verwickelte Fragen auf, an denen nicht nur zahllose Anarchisten irre geworden sind: Wenn die Individuen, um zu »individuellen Menschen« zu werden, den »abstrakten Staatsbürger« in sich »zurücknehmen« müssen, obwohl doch allein die Form abstrakter Staatsbürgerschaft es ihnen denkmöglich macht, zu »individuellen Menschen« zu werden, müssten sie dann nicht, jeder Einzelne für sich selbst, ganz andere Menschen werden, bevor sie werden können, was sie sind? Wenn das »von den Individuen unabhängig Bestehende« der den Menschen heteronom gegenübertretenden Welt dennoch »nichts als ein Produkt des bisherigen Verkehrs der Individuen«, ihre Unfreiheit also bewusstloses Produkt ihrer eigenen bewussten Handlungen ist, nach welcher Maßgabe wäre dann zu entscheiden, wann ihre Vorgeschichte endet und ihre Geschichte beginnt? Und wenn die Menschheit ihre Gattungsbestimmung nur erfüllen kann, indem jeder einzelne Mensch aus dem Zwang der Gattung heraustritt, was bedeutet dann der Gattungsbegriff?
Darauf zu antworten, hieße den Gordischen Knoten zu entwirren oder das Rätsel der Sphinx zu lösen, dessen Antwort in der Frage enthalten ist und eben deshalb unauffindbar scheint. Die sprachliche Dichte dialektischer Philosophie, von Hegel über Marx bis Adorno, mit der Anarchisten selten auf gutem Fuß standen (8), verdankt sich dem Versuch, tatsächlich das ganze Labyrinth zu durchschreiten, das durchqueren muss, wer das Allereinfachste erklären will. Der Anarchismus reagiert auf diese Herausforderung, indem er sich eine Abkürzung durchs Labyrinth sucht und supponiert, im Grunde seien alle Menschen, wie sie sind, bereits von sich aus in der Lage, die freie Menschengesellschaft zu verwirklichen, wenn man sie nur ließe. In dieser Hinsicht ist der Anarchismus nichts weiter als ein »libertär« gewendeter Liberalismus, ein Liberalismus mit schlechten Gewissen angesichts des Heers der Verarmten und Entrechteten. Dies gilt nicht nur für seine idealistische Variante etwa bei Stirner, sondern auch für deren vermeintliches Gegenbild, den kommunitaristischen Anarchismus in der Tradition Kropotkins, der bei deutschen Anarchisten mit ihrer Vorliebe für bodenständige Produktionsformen schon immer besonders beliebt gewesen ist.
Noch Erich Mühsam, alles andere als ein ortho­doxer Anarchist, nimmt in seinem programmatischen Essay »Die Freiheit als gesellschaftliches Prinzip« von 1929 die Diagnose, wonach keine soziale Bewegung je »erfolgreich um Anhang für sich werben könnte, wenn nicht auf ihrer Standarte das Bekenntnis zur Freiheit beschworen« werde, nicht etwa zum Anlass, den Freiheitsbegriff in der hier angedeuteten Weise zum Problem zu machen, sondern als Beleg dafür, »dass die Sehnsucht nach individueller Freiheit in der menschlichen Natur selber begründet« sei: »Daher und weil bei primitiven Menschen ebenso wie bei differenzierten das Streben nach veredelter Gemeinschaft durchaus gleich empfunden wird mit dem Streben nach vermehrter Freiheit in der Verbundenheit aller«, bezeichne Freiheit, obwohl mittlerweile »die seichteste aller öffentlichen Phrasen«, als anthro­pologische Kategorie die naturwüchsige, von Staat und Gesellschaft lediglich stillgestellte Asso­ziationsform aller Lebewesen, die er unter Berufung auf Kropotkins philanthropisch umgedeuteten Sozialdarwinismus beschreibt: »Solidarität (ist) eine naturgegebene Eigenschaft aller lebenskräftigen Geschöpfe (…). Alle kameradschaftlich lebenden Tiere gründen ihr Gemeinschafts­dasein ausschließlich auf die natürliche Veranlagung zur kameradschaftlichen Brüderlichkeit, die (…) die den Kampf der Arten gegeneinander ergänzende Lebensform zur Erhaltung der Arten darstellt. Die Jagdgemeinschaften der Wölfe sind ebenso wie die Massenwanderungen des Damwildes zur Auffindung fruchtbarer Wohngebiete Beispiele in Freiheit organisierten gesellschaftlichen Lebens. Hier wirkt kein Staat, also keine zentrale Regierungsmaschinerie, sondern Anarchie.« (9)
Obwohl es Mühsam also ausdrücklich um die Freiheit der Individuen, nicht des »Volkes« oder einer abstrakt gesetzten »Menschheit« geht – er spricht von der »Sehnsucht nach persönlicher Steigerung der Lebenswerte« als einer lebendigen Kraft, welcher noch »Werbung« und Propaganda Rechnung tragen müssten (10) –, wird diese Sehnsucht selber nicht als gesellschaftlich erworbene, im Prozess geistiger und körperlicher Arbeit sich ausprägende Fähigkeit aufgefasst, sondern als »naturgegebene Eigenschaft«. Gesellschaftliche Freiheit wird damit nicht nur als »Veranlagung« aller »Geschöpfe« losgelöst von der genuin menschlichen Fähigkeit zur vernunftgeleiteten Reflexion, sondern als »ergänzende Lebensform zur Erhaltung der Arten« unter der Hand eben doch als Konstituens von »Lebenskraft« bestimmt und damit, allen Beschwörungen des Individuums zum Trotz, einem so konformistischen wie regressiven Imperativ unterworfen. Im »Kampf der Arten«, der bei Müh­sam ebensowenig wie in Kropotkins Bienenstock-Kommunitarismus seiner Form nach als Anthropologisierung der Logik kapitaler Vergesellschaftung entziffert, sondern lediglich men­schfreundlich renoviert wird, gewinnen dann ganz einfach nicht die Egoistischen und Rücksichtlosen, sondern die Solidarischen und Rücksichtsvollen, oder, wie die christdemokratische Staatssozialistin sagen würde, die Gemeinschafts­fähigen.
Weil er die Aporie des Begriffs der Naturgeschichte, welcher die Berufung des Menschen, seine Gattung zu überschreiten, als Privileg der menschlichen Gattung bestimmt, nicht zu fassen bekommt, landet Mühsam nolens volens nicht bei der Weltgesellschaft, sondern bei der »veredelten Gemeinschaft«, nicht bei der »Solidarität« – die nichts damit zu tun hat, ob man jemanden kennt, sondern eine strikt gesellschaftliche Bestimmung ist –, sondern bei der »Kameradschaft«, nicht bei der freien Assoziation, sondern beim Damwild. Die Formulierung, die Regierung über Menschen sei durch die Verwaltung von Sachen abzulösen, kommentiert er wie folgt: »Die Aufgabe derer, die die Freiheit zum gesellschaftlichen Prinzip erheben wollen, besteht demnach darin, das gemeinsame Wirtschaften der auf einander angewiesenen Menschen von der Leitung einer Gehorsamkeitspflicht gegen empfangene Befehle zur Erfüllung eines Kameradschaftsdienstes auf Gegenseitigkeit zu machen.« (11)
Das »gemeinsame Wirtschaften« verströmt gegenüber der bürgerlichen Warenwirtschaft das Odium der Anschaulichkeit, Handwerklichkeit und enthusiasmierenden Gruppenerfahrung. Wo jedoch die Menschen nach wie vor aus undurchsichtigen Gründen »auf einander angewiesen« sind, also sich unter dem Druck des Subsistenzkampfes, des »Kampfes der Arten«, als Notgemeinschaft konstituieren, und die Logik von »Gehorsam« und »Befehl«, die in der bürgerlichen Gesellschaft ja durchaus ihre Vermittlungsinstanzen kennt, zugunsten eines »Kameradschaftsdienstes auf Gegenseitigkeit« suspendiert wird, da scheint weniger die Zeit der Freiheit anzubrechen als die Zeit eines Gehorsams ohne Befehl (12), in der angesichts eines zwar absterbenden, die Individuen jedoch in ohnmächtiger Panik der sozialen Entropie ausliefernden Staats jeder sich gezwungen sieht, zum »Selbsthelfer« zu werden, der nur »Kameraden« statt Freunde kennt (denn Freundschaft ist zweckfrei und kennt keinen »Dienst«), um seine »Persönlichkeit«, wie Mühsam es formuliert, als »vollkommene Einheit« mit der »gesellschaftlichen Gesamtheit« zu verwirklichen: »Die Gesellschaft der Freiheit ist ein Organismus, d.h. ein einheitlich und darum harmonisch schaltendes Lebewesen; das unterscheidet sie vom Staat und jeder Zentralgewalt, wo ein Mechanismus die Funktionen des organischen Lebens zu ersetzen sucht.« (13)
Die gesellschaftlich produzierte, jede freie Sozialität zerstörende Verschmelzung von »Mechanismus« und »organischem Leben« ist dem Erfahrungshorziont Mühsams derart total geworden, dass er in einen Manichäismus verfällt, der den »Organismus« als »harmonische Einheit« dem »mechanischen« Staat als Repräsentanz von Abstraktion und repressiver Einheit gegenüberstellt – ein Rückfall in romantische Staatskritik, freilich ohne das dialektische Potenzial, das dieser, etwa bei Schelling, noch innewohnte.

Absonderung und Gemeinschaft
Während Mühsam, der in seiner Polemik gegen den Vegetarismus und in seinem Lob des Müßiggangs keinen Zweifel daran gelassen hat, dass es ihm um die Befreiung zu Genuss und Sinnesreichtum zu tun war (14), die »freie Gesellschaft« letztlich doch nicht anders denn als Notgemeinschaft zu bestimmen vermochte, hat Gustav Landauer, der Kropotkin ebenfalls schätzte und dessen Landkommunenprojekte heute als hilflose Versuche erscheinen, »praktisch« zu werden, in seinen theoretischen Schriften einen Begriff des Anarchismus entworfen, der gegen solche Missverständnisse gefeit ist. Landauer geht von jener Aporie aus, die in dialektischem Denken, aber etwa auch in Hannah Arendts Theorie der Öffentlichkeit, detailliert entfaltet und bei Mühsam tendenziell ignoriert wird: dass sich zwischen Menschen, sobald entsteht, was Marx »Verkehr« nennt und was Voraussetzung aller menschlichen Freiheit ist, eben keines­wegs einfach ein »Netzwerk« entspinnt, sondern ein immer auch notwendig über die individuellen Zwecksetzungen und Intentionen der Menschen hinausgehendes, sie nicht nur verbindendes, sondern auch voneinander trennendes und eben dadurch Intersubjektivität stiftendes »Gefädel« (Adorno), dass also niemand mit seinen Handlungen je nur erreicht, was er bezweckt, sondern immer zugleich weniger, mehr und anderes.
Der autonome Raum, der dabei entsteht und sich in aller bisherigen Geschichte gegen die Individuen und ihre Handlungen abgedichtet, ja die Individuen in ihrer Freiheit liquidiert hat, bleibt dennoch notwendige Voraussetzung dafür, dass die Individuen endlich ihre Bestimmung als »individuelle Menschen« verwirklichen könnten. Damit ist aber auch gesagt, dass die Menschen eben nicht als solche, in ihrer bornierten Partikularität, die bei Mühsam als »Natur« fixiert wird, zur Freiheit disponiert sind, sondern erst durch Entäußerung an jenen ihnen gegenüber fremden und doch von ihnen konstituierten Raum, den Landauer »Äther« oder »Weltall« nennt und der sich seines Zwangscharakters wiederum nur begeben kann, indem er von den Menschen in selbstmächtiger Entscheidung gestaltet wird.
Deshalb korrespondieren für Landauer Anarchismus und Individualismus: »Die Grunderkenntnis des Anarchismus oder Individualismus ist folgende: Es gibt in der menschlichen Gesellschaft nur Individuen und das Tun und Lassen von Individuen. Anarchistisch ist es, wenn gesagt wird, die so genannten Verhältnisse seien nur das Verhalten von Menschen (…). Anarchie ist nur die negative Seite dessen, was positiv Sozialismus heißt. Die Anarchie ist der Ausdruck für die Befreiung des Menschen vom Staatsgötzen, vom Kirchengötzen, vom Kapitalgötzen; Sozialismus ist der Ausdruck für die wahre und echte Verbindung zwischen den Menschen, die echt ist, weil sie aus dem individuellen Geist erwächst, weil sie als das Gleiche und Eine im Geiste des einzelnen, als lebendige Idee blüht, weil sie zwischen den Menschen als freier Bund ersteht.« (15)
»Anarchismus« ist also bei Landauer kein Konkurrenzprojekt zum Kommunismus, sondern bezeichnet von Seiten des Individuums, was »Sozialismus« von Seiten der Gesellschaft bezeichnet, und beide Begriffe, die keineswegs unmittelbar gesellschaftliche Praxis, sondern deren avisiertes Ziel beschreiben, konvergieren in dem Moment, wo der »individuelle Geist« sich in der Gesellschaft, die Landauer als »freien Bund«, also nach Maßgabe von »Freundschaft« statt von »Kameradschaft« bestimmt, entäußern kann. Nicht eine anthropologisch auf »Freiheit« geeichte Natur aller »Geschöpfe«, sondern »das Gleiche und Eine im Geiste des einzelnen« als »lebendige Idee«, die Einheit in der Nichtidentiät ist es, die diesen Bund am Leben erhält. Aus diesem Gedanken entspringt Landauers in seiner Radikalität bis heute kaum entfaltetes Ideal einer gemeinschaftslosen, des Gemeinschafts­charakters ledigen Gemeinschaft: »Die Gemeinschaft, nach der wir uns sehnen, die wir bedürfen, finden wir nur, wenn wir (…) uns ganz gründlich absondern, wenn wir uns als Einzelne in uns selber tiefst hinein versenken, dann finden wir schließlich, im innersten Kern unseres verborgensten Wesens, die urälteste und allgemeinste Gemeinschaft.« (16)
Diese Gemeinschaft, die an sich immer bestanden hat, solange Menschen miteinander verkehrten, und doch für sich selbst noch nie Wirklichkeit geworden ist, hebt, da sie sich nur vermittelt durch »Absonderung« der »Einzelnen« konstituiert, jeden partikularistischen Begriff der Gemeinschaft, die immer nur in Abgrenzung zu anderen Gemeinschaften gedacht werden kann, auf in der »ältesten« und »allgemeinsten« Gemeinschaft, dem »Menschengeschlecht«. (17) Deshalb kann Landauer schreiben: »Unser Aller­individuellstes ist unser Allerallgemeinstes. Je tiefer ich in mich selbst heimkehre, umso mehr werde ich der Welt teilhaftig« (18), und doch von der »Nichtigkeit des Konkretums, des isolierten Individuums« sprechen, da die »Individuen« nichts als »Erscheinungsformen und Durchgangs­punkte, elektrische Funken eines Großen und Ganzen« seien: »Individuum ist ein Starres und Absolutes als Ausdruck für ein sehr Bewegliches und Verbundenes.« (19)
Weil nur sein »Allerindividuellstes« den einzelnen Menschen als schlechthin Unvergleichbares mit allen anderen verbindet, gibt es für einen solchen »freien Bund« keine andere Appellationsinstanz als jenes Individuellste. Dieses jedoch ist nicht im »isolierten Individuum«, wie es in der bürgerlichen Subjektform vorgestellt wird, unmittelbar präsent, sondern kann sich erst verwirklichen durch Aufhebung des »Konkretums«, durch Vernichtung des Scheins seiner Starrheit und Freisetzung der in ihm aufgespeicherten Beweglichkeit und Lebendigkeit.
Die einzige Sprache, die Landauer in seiner Epoche zur Formulierung dieses Verhältnisses finden konnte, war die der Mystik. Was jedoch dem vulgärmaterialistischen Blick als Ausdruck von Gesellschaftsferne, Innerlichkeit oder Spiritismus erscheinen mag, ist in Wahrheit nichts anderes als der Versuch, aus der Perspektive des Individuums zu formulieren, was Marx aus der Perspektive des historischen Prozesses selbst entfaltet hat. Indem Landauer, wie nach ihm wohl nur noch Walter Benjamin, den materialistischen, innerweltlichen Gehalt christlicher und jüdischer Mystik freizulegen sucht (20), verdeutlicht er aber zugleich, dass die darin avisierte Praxis stärker als je von der empirischen Wirklichkeit abgeschnitten ist. Größe und Integrität seines Denkens sind ohne das Bewusstsein um diese Ohnmacht nicht zu erfassen. Was demgegenüber passiert, wenn anarchistischem Denken, 80 Jahre nach Landauer und 40 Jahre nach Auschwitz, dieses Bewusstsein ausgetrieben wird, illustriert der Poststrukturalismus in der Variante von Deleuze und Guattari.

Die »Völker« als »Meuten«
Um zu erklären, weshalb sie ihr Buch nicht gut bürgerlich in Kapitel, sondern schlecht anarchistisch in »Plateaus« gliedern, greifen Deleuze und Guattari zu Beginn der »Tausend Plateaus« auf die anarcho-kommunitaristische Wurzelmetaphorik zurück, die sie mit ihrem Konzept des »Rhizoms« überbieten wollen: Im Gegensatz zur »Pseudo-Mannigfaltigkeit« der »Bäume« und »Wurzeln«, die auf eine organizistische Einheit bezogen bleibe, stelle das »Rhizom« eine »Mannigfaltigkeit« dar, die »weder Subjekt noch Objekt« kenne, sondern nur »Bestimmungen, Größen, Dimensionen, die nicht wachsen, ohne dass sie (die Mannigfaltigkeit, M.K.) sich verändert«. (21)
Eine »Mannigfaltigkeit« freilich, die multiple »Bestimmungen« kennt, für sich selbst aber bestimmungslos bleibt, und sich ständig »verändert«, obwohl sie als Bestimmungsloses zugleich das ganz und gar Unveränderliche ist, mag den Fallen dialektischer Naturphilosophie entkommen, verliert jedoch jeden kritischen Begriff der Natur als des Nichtidentischen, von instrumenteller Zurichtung Unerfassten aus dem Blick. Umso blinder liefert sich solches Denken der spätbürgerlichen Naturverfallenheit aus, wenn es »Subjekt« und »Objekt« nicht mehr als antagonistische Pole ein und desselben Prozesses bestimmt, sondern zugunsten einer substantivisch, also als Zustand gedachten »Vielheit« ­liquidiert: »Das Prinzip der Mannigfaltigkeit: nur wenn die Vielheit tatsächlich als Substantiv, als Mannigfaltigkeit, behandelt wird, hat es zum Einen als Subjekt oder Objekt, als natürliche oder geistige Realität, als Bild und Welt keine Beziehung mehr.« (22)
Weil jeder Rekurs auf das »Eine«, also auf Universalität, als repressiv verworfen wird, kommt die Feier der »Vielheit«, die als anarchistischer Einspruch gegen sozialistische Staatsverherrlichung bis in die zwanziger Jahre ihren historischen Sinn hatte, im Poststrukturalismus auf einen beziehungslosen Partikularismus herunter. Dessen historisches Komplement ist der Zerfall der bürgerlichen Gesellschaft in Gruppen desintegrierter Drop Outs, mit denen der Neoanarchismus sich bevorzugt identifiziert: Wie die Affinität des frühen Anarchismus zu Boheme und Lumpenproletariat eine Reaktion auf den Zerfall der Arbeiterbewegung war, reagiert die Fetischisierung einer dispersen »Vielheit« von Schizos, Nomaden usw. auf die drohende negative Aufhebung der bürgerlichen Gesellschaft, die nicht verhindert, sondern durch Mobilisierung der keinem Begriff von Universalität mehr verpflichteten »Minoritäten« vorangetrieben werden soll.
Die »Idee der einheitslosen Mannigfaltigkeit« (23), die in solcher Mobilisierung praktisch wird, verhilft dem Nichtidentischen, auf das Landauers Ideal des Anarchismus zielt, keineswegs zu seinem Recht, sondern lässt es untergehen im subjektlosen Wunsch- und Sprachstrom, der sich unschwer als Mystifikation des tautologisch gewordenen Kapitalprozesses entziffern lässt. In dieser Anhimmelung nicht etwa einer unerfassten Natur, sondern eines aus der Vernichtung dieser Natur erst entspringenden »Lebens«, in dem die Subjekte nichts als Partikel sind, liegt die Affinität des Poststrukturalismus zur Lebensphilosophie mitsamt ihren faschistoiden Ausläufern.
Gegenüber einem solchen Konzept von »Leben« erscheint die Idealisierung »natürlicher« Lebenszusammenhänge in Mühsams und Kropotkins Kommunitarismus als romantische Skurrilität. Das bewusstlose, aber glückliche Zusammenwirken aller Kräfte, in dem Mühsam an den Wölfen und am Damwild das Vorbild der freien Assoziation erblickt, wird bei Deleuze und Guattari ersetzt durch den Appell zur Selbstbarbarisierung der Individuen, die die bürgerliche Subjektform nicht aufheben, sondern abwerfen sollen, indem sie sich als asoziale »Meute« organisieren: »Beim Tier-Werden hat man es immer mit einer Meute zu tun, mit einer Bande, einem Rudel, einer Population, einer Bevölkerung, kurz gesagt, mit einer Mannigfaltigkeit. (…) Der Wolf ist in erster Linie keine Eigenschaft oder eine bestimmte Anzahl von Eigenschaften, sondern ein Wolfsgewimmel. Die Laus ist ein Läusegewimmel … etc. Was ist ein Schrei, unabhängig von einem Volk, nach dem er ruft oder das er zum Zeugen macht?« (24)
»Meute« ist also nicht etwa ein Gegenbegriff zur »Mannigfaltigkeit«, sondern deren Verwirklichung, die sich immer dann ankündigt, wenn eine »Bevölkerung« sich in eigenverantwortlichem Amoklauf nicht nur der Form der Staatsbürgerschaft, sondern auch aller besonderen »Eigenschaften« entledigt, um zum »Gewimmel« zu werden, zu dem sich freilich nur ohnmächtige, ihre Bewusstlosigkeit in blindem Hass aus­agierende Menschen machen können. Das »Tier-Werden« hat nichts mit romantischer Natursehnsucht zu tun, sondern ist das Projekt der an ihrer zerfallenden Sozialität irre werdenden Individuen, die sich nach Tod und Vernichtung sehnen, weil sie Freiheit nur noch als Angsttraum kennen. Worauf dieses Projekt hinausläuft, wird unverkennbar, wenn sich »Wolfsgewimmel« auf »Läusegewimmel« stürzen und »Schrei« und »Volk« ihren Einstand feiern.
Wer vom Anarchismus retten will, was von ihm zu retten wäre, muss sich illusionslos vor Augen führen, dass die Sehnsucht nach einem solchen Absterben des Staats im Hass auf den bürgerlichen Staat virtuell immer schon angelegt, dass also »dem Bürger zu missfallen« nicht genug ist – »auch der Nazismus war ja eine ›völlig unbürgerliche Aventüre‹«. (25)

Anmerkungen:

(1) Natürlich gab es im Anarchismus syndikalistische und »individualistische« Strömungen, die jedoch keine eigene Tradition ausbilden konnten. Auf diesem Feld der Heterodoxie gäbe es, von Franz Jung und Otto Gross bis hin zu Simone Weil, noch viel zu entdecken. Gerade in der deutschen Linken ist bis heute indes allein die kommunitaristische Variante des Anarchismus erfolgreich, auf die ich mich hier denn auch konzentriere. Ein gutes Bild der Anarchismus-Rezeption der Achtundsechziger bietet die Textsammlung: Anarchismus, hg. v. Otthein Rammstedt, Köln u.a. 1969.
(2) Friedrich Engels, Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft, MEW 19, S. 177–228, hier S. 224
(3) Über den »Weltverkehr« vgl. Karl Marx/Friedrich Engels, Die deutsche Ideologie, MEW 3, S. 50ff.
(4) Zum Begriff der »Alltagspraktiken« Michel de Certeau, Kunst des Handelns, Berlin 1988, S. 101ff. – Als Altphilologe und jesuitischer Mönch gehört der Autor zu den erträglicheren Vertretern des »postmodernen« Anarchismus. Deleuze, Guattari und Lyotard sind auf ihrer Suche nach der »Stärke der Schwachen« dagegen stets bei den »unterdrücken Völkern« gelandet, nach deren Bild sie ihre Wahrnehmung von Irren, Kindern, Frauen und anderen »Minderheiten« modelten.
(5) Fabian Kettner, »Empire« – Neues in der Weltordnung von Michael Hardt und Antonio Negri?, Spiel ohne Grenzen, hg. v. AStA der Geschwister-Scholl-Universität München, Berlin 2004
(6) Karl Marx, Zur Judenfrage, MEW 1, S. 347–377, hier S. 370
(7) Karl Marx/Friedrich Engels, Die deutsche Ideologie, MEW 3, S. 70f.
(8) Der Einwand, Bakunin, Stirner oder Bauer seien »Dialektiker« gewesen, ist untriftig. Die Widersprüche deren Denkens, etwa Bakunins abstrakter Antiautoritarismus oder Stirners Solipsismus, lassen sich vielmehr aus den Problemen erklären, die sie mit der Dialektik hatten. Zur dialektischen Kritik am Anarchismus vgl. neben den Passagen der »Deutschen Ideologie« die Marcuse-Kritik von Hans Heinz Holz, Utopie und Anarchismus, Köln 1968.
(9) Erich Mühsam, Die Freiheit als gesellschaftliches Prinzip, Ders., Ich bin verdammt zu warten in einem Bürgergarten, hg. v. Wolfgang Haug, Darmstadt/Neuwied 1983, Bd. 2, S. 156–166, bes. S. 162f.
(10) Ebd., S. 157
(11) Ebd., S. 161f.
(12) Clemens Nachtmann, Gehorsam ohne Befehl – Bombenlegen aus Erfahrung, »Bahamas« 27 (1998), S. 21–26
(13) Mühsam, a.a.O., S. 165
(14) Siehe den »Gesang der Vegetarier« in seiner Studie »Ascona«, a.a.O., Bd. 1, S. 30ff.
(15) Gustav Landauer, Individualismus, Ders., Auch die Vergangenheit ist Zukunft, hg. v. Siegbert Wolf, S. 138–144, hier S. 139f. und S. 144
(16) Gustav Landauer, Durch Absonderung zur Gemeinschaft, Ders., Zeit und Geist, hg. v. Rolf Kauffeldt und Michael Matzigkeit, Düsseldorf 1997, S. 80–99, hier S. 82
(17) Ebd.
(18) Ebd., S. 95
(19) Ebd., S. 90
(20) Siehe Arno Münster, Utopie, Messianismus und Apokalypse im Frühwerk von Ernst Bloch, Frankfurt am Main 1982.
(21) Gilles Deleuze/Félix Guattari, Tausend Plateaus, Berlin 1997, S. 18
(22) Ebd., S. 17
(23) Manfred Frank, Was ist Neostrukturalismus?, Frankfurt/Main 1983, S. 440
(24) Deleuze/Guattari, a.a.O., S. 326
(25) Frank, a.a.O., S. 434

Bei dem Text handelt es sich um die erweiterte und ausgearbeitete Fassung eines Vortrags, den der Autor am 24. April in der »Bibliothek der Freien« im Berliner Haus der Demokratie hielt.