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Eines Tages wird man sich fragen, wie es angefangen hat, das Parteibuch-Wechsel-Dich 2009. Innerhalb weniger Tage vier Aufsehen erregende Fälle, und das ist sicher erst der Anfang in einem Wahljahr, in dem es um Listenplätze, Ämter und Mandate, um politische Karrieren geht. Nun ist auch noch, erstmals, ein »Ur-Gestein« der Partei »Die Linke« zur SPD übergelaufen: die EU-Abgeordnete Sylvia Yvonne Kaufmann. Nachdem man sie bei der Kandidatur um einen Listenplatz für die Europawahl auf dem Parteitag Anfang März für ihre Ja-Stimme zum Lissabon-Vertrag abgestraft hatte, »wie auf einer schlechten SED-Veranstaltung« (Kaufmann), erklärte sie nun, die Linkspartei sei zu einem Haufen von Sektierern verkommen. Zuvor hatte bereits ein anderer Linksparteiler seine Partei verlassen, der Berliner Abgeordnete Carl Wechselberg (siehe auch S.7). Damit drohten die Mehrheitsverhältnisse im Berliner Abgeordnetenhaus durcheinander zu geraten. Doch Wechselberg will als Parteiloser Mitglied der Fraktion bleiben und die rot-rote Landesregierung weiter stützen.
Nun ist es jedoch nicht so, dass dies der neue Trend ist, dass nun das Pendel zurückschlägt, nachdem bisher alle von der SPD zur »Linken« überliefen. »Linke«-Geschäftsführer Dietmar Bartsch jedenfalls betonte: »Auch an einem solchen Tag kommen mehr Sozialdemokraten zur Linken als umgekehrt.« Es ist sogar noch viel komplizierter. Gerade in Berlin. Nur einen Tag vor Wechselbergs Auswechslung war die Berliner Abgeordnete Bilkay Öney aus Partei und Fraktion der Grünen ausgetreten. Sie stellte in Aussicht, in die SPD einzutreten. Aus der war wiederum nur wenige Tage vorher die Abgeordnete Canan Bayram ausgetreten, bevor sie dann bei den Grünen eintrat. Alles in allem scheint die knappe Mehrheit im rot-roten Senat zu halten.
Obwohl die Wechselspielchen im Berliner Senat besonders folgenreich sein könnten, weil die Mehrheit der Regierungskoalition auf dem Spiel steht, hat der Übertritt Kaufmanns die Linkspartei-Politiker dann doch noch mehr geärgert. Dem Austreten folgt das Nachtreten. Dietmar Bartsch erklärte: »Ich bedauere natürlich sehr, dass Frau Kaufmann austritt. Wer aber noch vor drei Wochen sehr engagiert für einen guten Listenplatz auf unserer Europaliste gekämpft hat, dessen Schritt jetzt ist mit einer nur sehr begrenzten Glaubwürdigkeit verbunden.«