Kalaschnikow statt Molotow

Die Cité des 4 000 in La Courneuve ist eine große, nordöstlich an Paris angrenzende Plattenbausiedlung und ein Wohnort von eher zweifelhaftem Ruf. Auch wenn dort derzeit Renovierungsarbeiten stattfinden, die die Lebenssituation der Einwohner verbessern sollen, gilt die Trabantenstadt der französischen Öffentlichkeit als Sinnbild für die Misere der Banlieues. Hier hielt der damalige Innenminister Nicolas Sarkozy 2005 seine berüchtigte Rede, in der er versprach, die Siedlung »mit dem Kärcher« – einem Hochdruckreiniger deutschen Fabrikats – von Dealern, Kriminellen und illegalisierten Migranten »zu säubern«.
Der Ruf der Cité des 4 000 dürfte sich auch am Wochenende nicht gebessert haben. In der Nacht vom Samstag zum Sonntag stoppten in der Nähe einer Autobahnauffahrt zwei quergestellte Autos einen Gefangenentransporter der Polizei. Aus einem der Au­tos stieg ein Mann und beschoss die Polizisten mit einer Kalasch­nikow. Ein junger Mann, der am Samstag tagsüber in der Cité fest­genommen worden war, konnte daraufhin aus dem Gefangenentransport entkommen, wurde jedoch einige Stunden später er­neut in der Plattenbausiedlung festgenommen.
Am Sonntag durchkämmte ein mit Pump-Guns und Maschinen­pistolen ausgestattetes Großaufgebot der Polizei die Siedlung. Dabei wurden nach offiziellen Angaben zehn Kilogramm Haschisch und 20 offenbar gestohlene Mobiltelefone gefunden. Waffen wurden keine entdeckt. Aussagen des Leiters der Polizeidirektion im Bezirk Seine-Saint Denis zufolge stellt »der Einsatz von Kriegs­waffen eine neue Qualität« der Gewalt in den Banlieues dar. Aller­dings betonen die Behörden, dass der Gebrauch von Kalaschnikows nicht im Zusammenhang mit sozialen Unruhen stehe, sondern von der organisierten Kriminalität ausgehe.   bs