»Zionistisches Komplott« gegen deutsche Nazis

Zions Weise bei NPD und DVU

Die Konkurrenz zwischen der NPD und der DVU wächst. Manche Nazis sehen »zionistische Kreise« am Werk.

In einschlägigen Nazi-Internetforen wie Altermedia ist man derzeit besonders empört: Dass »die Zionisten« die Weltherrschaft anstreben, ist für überzeugte Kameraden ja nichts Neues. Dass sie nun aber tatsächlich drauf und dran sein sollen, gezielt die rechtsextreme Szene Europas und nicht zuletzt Deutschlands zu unterwandern und zu spalten, ist selbst für gestandene Antisemiten ein starkes Stück. Die Rede ist von einer angeblichen »Israel-Connection« verschiedener rechtsextremer Parteien und Gruppen in Europa – enthüllt unter anderem von dem argentinischen Nazi-Ideologen Carlos Dufour in einem Text mit dem Titel »Feindliche Übernahme«. Diesen hat die rechtsextreme Zeitschrift Volk in Bewegung in ihrer aktuellen Ausgabe veröffentlicht, die sich ganz dem Thema »Die europäische Rechte und die ›Israel-Connection‹« widmet. Nach Dufours Darstellung haben »zionistische Kreise« in den vergangenen Jahren Verbindungen zu rechtsextremen Organisationen aufgenommen und einen »informellen Pakt« mit ihnen ausgehandelt: Wenn sich die betreffenden Gruppen vom Nationalsozialismus distanzierten, ihre Politik darauf richteten, den »islamischen Vormarsch in Europa« zu bekämpfen, und die Kritik an der israelischen Politik einstellten, sei als Gegenleistung »eine Medienpräsenz mit relativ objektiver Berichterstattung« garantiert – selbstverständlich ein Leichtes für die »zionistischen Kreise«. Die Freiheitliche Partei Österreichs, die British National Party und der belgische Vlaams Belang seien bereits auf das Angebot eingegangen. In Dufours Wahrnehmung ist das finstere Vorhaben auch in Deutschland weit fortgeschritten: Den Streit in der NPD zwischen den Unterstützern des nach wie vor amtierenden Bundesvorsitzenden Udo Voigt und dessen Gegnern wie Udo Pastörs, Holger Apfel und dem mittlerweile in die DVU eingetretenen Andreas Molau wertet der Argentinier als Konflikt zwischen »Prinzipientreuen« und »Modernisierern« und als Zeichen einer versuchten Unterwanderung durch »zionistische Kräfte«. In der Tat wurde vor und auf dem Sonderparteitag der NPD Anfang April in Berlin ein Konflikt offen ausgetragen und klar zum Nachteil der so genannten »Modernisierer« entschieden. Voigts Gegner wurden aus dem Parteivorstand gewählt. Andreas Molau, ehemaliges NPD-Vorstandsmitglied, verhinderter He­raus­for­derer von Udo Voigt und nun Bundespressesprecher der DVU, hatte schon im Januar in einer Kampagne erfolglos für ein Image ohne NS-Nos­talgie sowie für eine Öffnung der NPD für national-konservative Wählerschichten geworben. Er wurde deshalb von dem mittlerweile zum stellvertretenden NPD-Vorsitzenden aufgestiegenen Jürgen Rieger als »Achteljude« bezeichnet, der »im Dritten Reich nicht einmal hätte Blockwart werden können«. Im März trat Molau wegen der in der NPD gegen ihn gerichteten »Rufmordkampagne« in die DVU ein. Molaus erfolgloser Plan, Voigt zu stürzen, wurde von dem schwedischen Millionär Patrik Brinkmann unterstützt. Dieser betreibt die rechts­extre­me »Stiftung Kontinent Europa« und befürwortet eine »Modernisierung«: eine Abkehr vom biologistischen Rassismus hin zur Rede von einer »gemeinsamen Identität der europäischen Völker« und eine Neubestimmung des Verhältnisses zum Judentum, zum Islam und zum Staat Israel. »Viele Rechte, ich möchte sie Pseudo-Rechte nennen, hyperventilieren, wenn sie über Israel sprechen oder einen Juden treffen oder vermuten. Abgelesene Talmud-Verse scheinen ihnen bedrohlicher als der Herrschaftsanspruch eines islamischen Fanatikers, der in Deutschland die Scharia einführen will«, sagte Brinkmann im April in einem Interview mit der von Molau als »Sprachrohr für das gesamte rechte Spektrum« betriebenen Internetseite »Gesamtrechts«. Nicht das Judentum, sondern die rasant wachsende muslimische Bevölkerung Europas sei die größte Bedrohung für Deutschland und das gesamte christliche Abendland, führte Brinkmann aus. Für die Nazis in der NPD und den freien Kameradschaften waren nach diesem verstörenden »Kniefall vor den Juden« (Altermedia) alle Zweifel daran beseitigt, dass eine »zionistische Unterwanderung« vonstatten geht. Nun setzen Molau und Brinkmann auf die unter Rechtsextremen als »Altherrenpartei« verspottete DVU. Als Pressesprecher und auf »Gesamtrechts« wettert Molau gern gegen den »Voigtschen Klüngel« – was dem ohnehin brüchigen »Deutschland-Pakt« zwischen NPD und DVU nicht gerade zuträglich ist. Brinkmann sieht wegen der »rückwärtsgewandten, pro-islamischen und anti-europäischen« Haltung des neuen NPD-Vorstands »keine Zukunft« für die Partei. Die DVU hingegen sei eine »moderne Rechtspartei«, in der sich nach seinen Vorstellungen im Rahmen der bevorstehenden Europawahl alle Kräfte rechts von der CDU sammeln könnten – von Republikanern über Anhänger der »Pro«-Parteien bis zu vergraulten NPD-Mitgliedern. Diese Vorstellung gefällt offenbar selbst dem modernistischer Tendenzen völlig unverdächtigen Neonazi Christian Worch. Er sieht einem Interview mit dem rechtsextremen »Nid-Infoblog« zufolge in einer derartigen Partei ein »interessantes Experiment«. Ob diese überraschende Aussage auf seine Feindschaft zu Udo Voigt, seine Nähe zum DVU-Bundesvorsitzenden Matthias Faust, Altersbequemlichkeit oder doch auf die »zionistische Unterwanderung« zurückzuführen sei, darüber wird derzeit in Foren wie Altermedia eifrig diskutiert. Die im April neu gewählte NPD-Führung hat sich derweil mit dem Dokument »Der deutsche Weg« darauf festgelegt, das »System aktiv politisch zu stürzen«. Den Forderungen des mecklenburgischen NPD-Fraktionsvorsitzenden Udo Pastörs und seines sächsischen Kollegen Holger Apfel, sich nicht allzu extrem zu geben, wurde eine klare Absage erteilt. Die NPD will »dem geschundenen deutschen Volk« zuliebe gerade in Zeiten der Krise den »sozialrevolutionären Kurs« beibehalten, anstatt die »Anpassung an konservative Schichten« zu betreiben. Für davon verprellte NPD-Mitglieder hat Tony Fiedler aus dem Bundesvorstand der Republikaner einen Vorschlag: Die Landtagsfraktionen der NPD in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern sollen geschlossen zur DVU wechseln, mit der auch die Republikaner in Zukunft zusammenarbeiten wollen. Sollte es dazu kommen, wäre das für Carlos Dufour und andere sicher ein weiterer Beweis für das »zionistische Komplott« gegen die deutschen Nazis.