»Das Pferd heißt Pferd, weil man damit fährt«

Die SPD prangert »Finanzhaie«, »Dumpinglöhne« und »heiße Luft« an. Die CDU wirbt für »einen starken Euro«, »den Weg aus der Krise« und »Wir in Europa«. Die FDP spricht sich für »Deutschland in Europa« aus und fordert: »Enteignung stoppen!« Die Linkspartei verlangt »Mindestlohn europaweit« und »Freiheit, Gleichheit«. In der Menge der Berliner Wahlplakate fällt ein Slogan jedoch besonders auf: »Unser Zugfährt für Europa«. Michael Cramer, ein Kandidat der Grünen für die Europa-Wahl, tritt mit ihm an und erläutert, was es mit dem Spruch auf sich hat.

Handelt es sich auf Ihren Wahlplakaten um einen Druckfehler oder ist es Absicht, dass ein Leerzeichen zwischen »Zug« und »fährt« fehlt?

Es handelt sich dabei um Absicht.

Was haben Sie und Ihre Helfer sich bei dieser Formulierung denn gedacht?

Ich komme aus Westfalen. Dort habe ich den folgenden Gag gelernt: Die Haut heißt Haut, weil man darauf haut, das Pferd heißt Pferd, weil man damit fährt. In Westfalen spricht man das »P« in »Pferd« nicht, da sagt man eher »Ferd«. Bayern verstehen das wahrscheinlich nicht, die sagen immer »Pferd«. Weil ich ein Freund der Eisenbahn bin, müsste es ja eigentlich heißen: »Unser Zug fährt für Europa.« Aber ich bin auch das Zugpferd der Grünen für Europa. Deshalb sind die Worte zusammengesetzt zu »Zugfährt«. Das ist ein Wortspiel.

Unseren Beobachtungen zufolge erschließt sich der Sinn nicht allen Passanten ohne Weiteres. Wurde der Slogan denn an Probanden getestet?

Wir fanden das Wortspiel lustig. Es ist ja ein gutes Zeichen, wenn ich deswegen angerufen werde oder die Leute darüber nachdenken. Das passt schon.

Fahren Züge nicht eher »nach Europa« als »für Europa«?

Ja, eben. Ich soll nach Europa geschickt werden, bin aber das Zugpferd für Europa.