Über den neuen »Terminator«

Gutes Metall gegen schlechtes Metall

In »Terminator 4 – Die Erlösung« muss die geplagte Menschheit schon wieder gegen Maschinen antreten. Ob das ohne Arnold Schwarzenegger in tragender Rolle etwas wird?

Marcus Wright (Sam Worthington) guckt verdutzt. Nachdem die Kamera durch den dekorativen Vorspann von »Terminator 4 – Die Erlösung« gefahren ist, eine Bilderlandschaft aus massiven Eisenbuchstaben, erhält der Kriminelle gleich mal die Todesstrafe. Seinen Bruder hat er auf dem Gewissen! Der Gott der Christen lässt grüßen: Denn die Hinrichtungsliege, die für den Verurteilten bestimmt ist, hat die Form eines Kreuzes.
Die Zylinder mit dem Gift entleeren sich in seinen Blutkreislauf. Gleich wird er das Bewusstsein verlieren. Und in der Zukunft erwachen. Eine lebende Leiche mit digitalem Innenleben ist er nun, ein Stück alte Welt in der neuen.
Schön sind beide Welten nicht. In der alten wurde Wright umgebracht. In der neuen ist Krieg. Totes begegnet Totem. Stahl oder digital, alte Wirtschaft gegen neueste Finanzkrise, das sind die Konflikte, die nun im armen Marcus toben. Wer ihm fortan begegnet, fragt sich: Kommt er aus der Zukunft, um den menschlichen Widerstand zu brechen, oder ist er ein Freund? Er weiß es selbst nicht mehr und wundert sich über seine Rippen aus Stahl und sein echtes Herz.
»Terminator 4 – Die Erlösung«, so lautet der Titel der Fortsetzung der mit Arnold Schwarzen­egger in der Hauptrolle bekannt gewordenen Terminator-Reihe, durch die sich die menschliche Maschine Marcus lieben und essen muss. Wer die vorangegangenen drei Teile dieses zwischen Vergangenheit und Zukunft angesiedelten Epos verfolgt hat, wartet natürlich darauf, wie denn wohl jetzt die Zukunft der Maschinenwelt daherkommt, die ihre Agenten immer wieder losschickt, um den Lauf der Dinge zu verändern. Die Maschinen des Jahres 2018, die im Dienst des weltumspannenden Computersystems Skynet stehen, das sich verselbständigt hat, versuchen zu vernichten, was von der Menschheit noch übrig ist. Im Zentrum der Erzählung steht der leicht messianische John Connor (Christian Bale), der den Widerstand der Menschen gegen Skynet anführt.
Man steigt in den Film ein zu einem Zeitpunkt, als die Maschinen die Menschen beinahe schon überwunden haben – und anfangen human zu werden. Weil wohl doch nur der Mensch den Menschen letztlich überwinden kann.
Von dieser Idee lebt der lange Film, der einen kassenträchtigen Neuanfang der Terminator-Saga darstellen soll. Flüssiger Stahl und denkende Bestien sind die Eckpunkte dieser Science-Fiction-Ära. Dazu kommen Themen wie Fortschrittsglaube, Hoffnung, Überlebenswille, Elternmord und andere Problemstellungen.
Aber vor allem geht es in »Terminator 4« um Stahl und Viecher. Und um folgende Story: Con­nor ist die meiste Zeit damit beschäftigt, den Jugendlichen Kyle Reese (Anton Yelchin) ausfindig zu machen und zu beschützen. Denn Connors verzwickte Aufgabe besteht darin, sich selbst in der Zukunft zu halten. Was aber nur dann geht, wenn er Reese per Skynet-Technik in die Vergangenheit schickt. Denn Reese ist sein Vater. Wenn ihm also etwas zustößt, gibt es Connor gar nicht. Zumindest nach der auch hier zu findenden Zeitreisen-Halblogik.
»Terminator 4« ist, man muss es so sagen, ein Film wie ein Lehman-Zertifikat: Sieht schön aus, ist aber nichts drin.
Ideologisch geht er nicht über jeden beliebigen Vietnam-Film hinaus. Mensch kämpft mit Metall, Bio- gegen Kampfroboter, innere Konflikte, die ausgefochten werden, sucht man vergebens. Im Zentrum ist das Gefecht, drumherum die Schlacht, eine Frau schreit um Hilfe, die Bomben platzen, das war’s.
Was hier fehlt, ist schlicht und einfach der Überbau. Stattdessen ist der Film ein Patchwork hergebrachter Sehgewohnheiten: Die Mensch-Maschine-Synthese wird im Schlamm zum ­Leben erweckt, das erinnert an die Geburt des Leit-Orks in »Herr der Ringe«. 20 Meter hohe Roboter mit Schulterkanonen: kennt man von »Transformers«. Diese Stahlungeheuer werden mittels Störsignalen überwunden: der Trick aus »Independence Day«. Die Maschinen haben sich ihre eigene Zentrale gebaut: »Matrix Revolutions«.
Der letzte Punkt ist auch noch verwirrend. Warum bitte sollten die Maschinen ein Zentrum haben, wo ihre Stärke doch gerade in der dezentralen Vernetzung liegt?
Der Antagonismus zwischen Maschinen- und Menschenpark ist ähnlich problematisch. Die Maschinen sind eindeutig moderner, keine Frage. Die künstliche Welt hat die letzten Neuerungen fürs letzte Gefecht, die Waffen mit besserer Durchschlagskraft.
Die Welt der Menschen steht ihr aber in grosso modo in nichts nach, ohne Technik geht auch hier nichts – bloß selbständig soll sie sich halt nicht machen. So werden Atom-U-Boote gefahren, es wird geflogen und geschossen, was das Zeug hält.
Viel Persönliches oder Persönlichkeit haben die Menschen dabei alle nicht. Es geht nicht um Bewusstsein oder Fortschritt oder wenigstens um ein paar flotte Anknüpfungen – der Film schafft nicht mal einen überzeugenden Seitenhieb auf den Klimawandel.
Das kann ja eine ganz schön fade Welt werden, wenn der Krieg erstmal gewonnen ist! Wer übrigbleibt, so steht zu vermuten, wird sich benehmen wie in den fünfziger Jahren. Da wird es bis zum nächsten Knall nicht weit sein.
Als Parabel auf die Gegenwart dient dieser Film kaum, er verweist auf nichts, er nimmt nichts auf, er ist reines Konglomerat. So wirkt der Versuch, Teile älterer Terminator-Filme zu integrieren, beinahe zwanghaft, etwa wenn Arnold Schwarzenegger einen kleinen Auftritt hat oder der gute Mann aus Eisen im Finale des Films den schlechten auch nur mit Stahl abkocht.
Dabei lautet die Frage, deren Beantwortung man sich von »Terminator 4« erhofft hätte: Wie kann eine Science-Fiction-Bildsprache im beginnenden Jahrtausend aussehen?
Es scheint, dass die Macher von »Terminator 4« davon keine Vorstellung haben. Denn Science-Fiction stand lange unter dem Einfluss des Kalten Krieges und beinhaltete neben der Idee vom Vorsprung durch Technik immer auch eine Vision einer besseren Welt. Die lässt sich in »Terminator 4« jedoch nicht ausmachen. Hier nimmt der Maschinenmensch das Menschenkind vielmehr irgendwann versöhnlich bei der Hand. Ob die Fortspinnerei des Terminator-Märchens in dieser Form nun nur gedankenlos ist oder das handfeste Zeichen eines gesellschaftlichen Rollback, mag jeder für sich entscheiden. Männer schmieren hier die Technik, Frauen die Pausenbrote, das jedenfalls wird uns hier gesellschaftspolitisch zugemutet. Der beste Freund des Menschen bleibt dabei immer die Schrotflinte. »Was ist der Unterschied zwischen uns und den Maschinen?« wird an einer Stelle gefragt. Antwort: »Wir begraben die Toten.« Der Film wäre bestimmt sehr viel besser, wenn sich mal zwei Maschinen unterhalten hätten.

»Terminator 4 – Die Erlösung« (USA). Regie: McG. Darsteller: Christian Bale, Sam Worthington, Anton Yelchin, Moon Bloodgood. Start: 4. Juni