»Hauptsache, sie schmeckt«

Der 1. Juli sei »ein guter Tag für die krumme Gurke« gewesen, ließ die dänische EU-Landwirtschaftskommissarin Mariann Fischer Boel verlauten. Denn an dem Tag verlor die so genannte EU-Gurkenkrümmungsnorm, die im Jahr 1988 in Kraft getreten war, ihre Gültigkeit. Ihr zufolge durften Gurken nur eine maximale Krümmung von zehn Millimetern auf zehn Zentimeter Länge haben. Daneben gelten nun auch die Vorschriften für 25 andere Obst- und Gemüsesorten nicht mehr. Birgit Betac, ihre Kollegin und ein weiterer Kollege arbeiten an einem Obst- und Gemüsestand in der Marheineke-Markthalle in Berlin-Kreuzberg und haben ihre eigenen Beobachtungen zu geraden und krummen Gurken gemacht.

Die Gurkenkrümmungsnorm besteht nicht mehr. Verkaufen Sie hier denn schon wieder krumme Gurken?

Birgit Betac: Wir hatten schon vor dem 1. Juli recht häufig welche im Angebot.
Die Kollegin: Ja, das stimmt. Ich wusste gar nicht, dass es die Norm gab. Sie wollen uns doch nicht auf den Arm nehmen?

Nein. Das ist ein offizieller Beschluss der EU.

Der Kollege: Es sind seit Jahren krumme Gurken im Verkauf.

Aber das war doch gar nicht gestattet.

Der Kollege: In der Gastronomie wurden immer krumme Gurken verwendet. Die werden in dem Bereich einfach pro Kilo eingekauft.

Birgit Betac: Nun gut, der Handel ist schon ein anderer Bereich. Aber wie gesagt, in letzter Zeit hatten wir sehr krumme Exemplare.

Der Kollege: Besonders gerade waren immer die Gurken aus Holland.

Denken Sie, die Kunden werden nach 20 Jahren wieder ohne weiteres krumme Gurken kaufen?

Birgit Betac: Also, hier hat noch niemand gesagt: »Nein, ich möchte bitte nur eine gerade Gurke.«
Der Kollege: Das ist den Kunden egal. Die Gurke muss natürlich einigermaßen gut aussehen.
Die Kollegin: Und Hauptsache, sie schmeckt.