Über Karl-Theodor zu Guttenberg

Der Klartexter der Konkurrenz

Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg ist der beliebteste deutsche Politiker. Kein Wunder: Er schert sich nicht um zukünftige Arbeitslose. Das gefällt dem »deutschen Steuerzahler«.

»Sie sind so beliebt, weil Sie anders sind als die üblichen Politiker«, sagte Heinrich Oberreuter, Politologe und Direktor des Instituts für Journalistenausbildung Passau, dem Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) während eines Treffens Anfang der Woche. Warum die Deutschen Guttenberg nicht nur im »ZDF-Politbarometer«, sondern auch in einer Emnid-Umfrage als beliebtesten Politiker und Minister angaben, beantworten andere ähnlich. Der Mann stelle »den neuen Politikertypus« dar, weiß Klaus-Peter-Schöppner, der Leiter von Emnid. Von »sympathisch verpackter Unabhängigkeit« schreibt die Rheinische Post. Guttenberg habe sich »an den Polit-Stil angepasst, wohl aber die eigene Note bewahrt«, befindet die Welt.
Doch was macht den Mann so »anders«, »neu« und »unabhängig«? Er sei im Unterschied zu anderen Politikern ein »kantiger Klartexter«, urteilt das Handelsblatt. Kraft dieser Befähigung sagt Guttenberg Sätze wie diesen: »Die ordnungspolitischen Leitplanken der sozialen Marktwirtschaft dürfen in der Situation, in der wir uns gerade befinden, nicht panisch abgerissen werden.« Weil diesen Kauderwelsch niemand auf Anhieb versteht, wiederholt der Minister sein Credo unablässig: »Der Grundsatz bleibt richtig, dass der Staat lediglich den Ordnungsrahmen setzt, den Wettbewerb garantiert und nur dann eingreift, wenn Marktversagen vorliegt.«
Im Fall Opel hat Guttenberg demonstriert, was er damit meint: Die staatliche Hilfe für das Unternehmen lehnte er ab. Denn auch in der Krise soll der Staat dem Minister zufolge kein Geld für die Wirtschaft locker machen, der freie Wett­bewerb wird’s schon richten, alles ändere wäre Staatssozialismus.
Diese Botschaft erhält den »Respekt einer hinreichend großen Zahl deutscher Steuerbürger« (SZ), zumal sie so forsch vorgetragen wird. Was den deutschen Steuerzahlern dabei vor allem gefällt, plaudert die SZ auch gleich aus: Endlich denke einer mal an »Sacherwägungen zu Kosten und Nutzen« und nicht an »tief betroffene, künftige Arbeitslose an Werkstoren und Büroeingängen«.
Dieses Hohelied auf die Konkurrenz und den staatlichen Zwang, sich ihr zu unterwerfen, hört der »Steuerbürger« gern. Denn das Hauen und Stechen auf Gedeih und Verderb ist seine zweite Natur. Mit Guttenberg findet der deutsche Steuerzahler ganz zu sich: Soll die wirtschaftliche Lage doch irgendwelche Beschäftigte bei Opel oder Quelle arbeitslos machen – ich zahl’ nicht für deren Krise!
Wer sich einem wie Guttenberg anschließt, einem »jugendfrischen Leistungsträger« (SZ), darf sich, so suggeriert das Image des Ministers, auf der Seite der Gewinner wähnen und wird nicht zu den Überflüssigen gehören, die die Krise hervorbringt. Der CSU-Bundesabgeordnete Norbert Geis hat folglich Recht, wenn er die Umfrageergebnisse im Kölner Stadt-Anzeiger als »Zeichen eines gesunden Volksempfindens« wertet. Die asoziale Lust an der Konkurrenz, in der es selbstverständlich immer den anderen an den Kragen gehen soll, gehört zu den tiefsten Empfindungen, zu denen das Volk fähig ist.