»Komplett neue Honorarwelt«

Anfang des Jahres protestierten deutsche Ärzte heftig gegen das neue System der Honorarabrechnung und wähnten sich sogar in ihrer Existenz bedroht. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat nun die Zahlen für das erste Quartal 2009 vorgelegt: Die Ärzte haben durchschnittlich acht Prozent mehr Honorar erhalten. Roland Stahl, Pressesprecher der KBV, erteilt Auskunft.

Wirken die Proteste der Ärzte vom Jahresanfang angesichts der nun gemeldeten Honorarzuwächse nicht absurd?

Ich kann weiterhin sehr gut verstehen, dass die Ärzte vor allem in Schleswig-Holstein, Bayern und Baden-Württemberg protestierten. Sie wurden mit einer komplett neuen Honorarwelt konfrontiert. Sie hatten Sorgen und Ängste, viel zu verlieren.

Bayerische Gynäkologen haben sich während des Protests besonders hervorgetan und sogar Vorkasse von Patientinnen gefordert. Im Durchschnitt konnten sie einen Honorarzuwachs von 18 Prozent verzeichnen.

Wir haben nicht gutgeheißen, dass einzelne Ärzte von den Patienten Vorkasse und ähnliche Dinge verlangt haben. Der Protest sollte nicht auf dem Rücken der Patienten ausgetragen werden.

Wie sehen Ihre weiteren Jahreserwartungen aus?

Das erste Quartal muss sich erst einmal konsolidieren. Es sind noch nicht alle Kassenärztlichen Vereinigungen mit ihren Zahlen auf dem Markt. Wir hoffen vor allem, dass es bis Ende des Jahres mehr Vertrauen und mehr Sicherheit gibt, was die Honorare angeht.

Sonderlich vertrauenswürdig dürfte den Patienten das Verhalten der Ärzte aber nicht erscheinen.

Eins muss man sagen: Der Patient hat zu seinem Arzt großes Vertrauen. Und er sieht, dass die Praxis voll ist, viel Stress anfällt und der Arzt längst nicht mehr zu den Großverdienern zählt. Aber alle Beteiligten sollten sich im Klaren sein: Das Verständnis der Patienten für weitere Proteste tendiert derzeit gegen null. Wir haben aber auch nie zu Protesten aufgerufen.