Die Anschläge auf Mallorca

Basken am Ballermann

Was will die Eta auf Mallorca?

»Internationale Solidarität« wird im Befreiungsnationalismus bekanntlich groß geschrieben. Was die katalanischen Unabhängigkeitskämpfer davon halten, dass der baskische »Befreiungskampf« derzeit in ihrem Territorium ausgetragen wird, bleibt abzuwarten. Innerhalb von zehn Tagen hat die baskische Guerilla Eta fünf Sprengsätze auf der spanischen Insel Mallorca explodieren lassen, mitten zur Hochsaison. Nach dem Attentat in Palmanova Ende Juli explodierten am Wochenende vier weitere Sprengsätze in der Hauptstadt Palma. Mallorca ist offenbar zum offiziellen Austragungsort der diesjährigen »Som­mer­kampagne« auserkoren worden, mit der die Eta alljährlich in touristischen Zentren für eine Menge Chaos sorgt. Die kleinen Sprengsätze waren in den Toiletten von zwei Bars, einem Restaurant und in einer Einkaufsmeile deponiert, die Explosionen waren zuvor telefonisch angekündigt worden. Auch wenn diese Attentate für die Unabhängigkeitsbestrebungen im Baskenland sicher eher hinderlich sind, führten sie zumindest die staatlichen Sicherheitskräfte vor. Die Attentate vom Wochenende konnten trotz höchster Sicherheitsstufe und landesweiter Fahn­dungen stattfinden.
Die Eta möchte die jüngsten Anschläge als Zeichen ihrer ungebrochenen Stärke verstanden wissen. »Das Einzige, was sich in den letzten Wochen, wie in den letzten Jahren, als ›vereitelt‹ und unfrucht­bar erwiesen hat, ist die repressive Strategie«, erklärte die Eta in einem Kommuniqué, in dem sie vergangene Woche die Verantwortung für meh­rere Anschläge seit Mitte Juni – mit insgesamt drei Toten und 65 Verletzten – übernahm. Vermutlich liegt der neuen militärischen Aktivität aber auch eine Mischung aus altersbedingtem Starrsinn und Zukunftsängsten zu Grunde. Seit dem durch die Regionalwahlen im März verursachten Ende der 30jährigen nationalistischen Hegemonie im baskischen Parlament befürchtet die Eta, den Anschluss zu verlieren. Auch wenn die bis da­hin regierende konservative Baskische Nationalistische Partei PNV nie zum Kreis der Eta-Unterstützer gehörte, spricht die Wahlniederlage der traditionellen Nationalisten für einen Bedeutungs­verlust des ethno-kulturalistischen Selbstbildes in der Bevölkerung des Baskenlandes.
Die Anschläge auf Mallorca könnten so doch ein Zeichen der Schwäche sein, der verzweifelte Versuch, die eigene Existenz zu rechtfertigen. Die spanischen Konservativen nutzen die Gelegenheit und antworten auf den baskischen Separatismus mit spanischem Nationalismus und huldigen der Guardia Civil, die eine wichtige Stütze der Franco-Diktatur war und noch heute in der Tradition von Katholizismus und Faschismus steht.
Ein großer Teil der spanischen Linken hingegen schweigt zu den Bomben. Wenige stehen hinter den Anschlägen, aber niemand will sich gegen den baskischen »Freiheitskampf« und auf die Sei­te des spanischen Staats stellen. Die Repression gegen Linke, die sich im linksnationalistischen Umfeld bewegen, wird als Ursache der Gewalt gesehen und führt, trotz genereller Ablehnung der Attentate, zu Verständnis für das Vorgehen der baskischen Guerilla. Die Eta hingegen braucht solche Vorwände nicht, um sich auch mit Bomben dafür einzusetzen, dass sie künftig in einem eigenen baskischen Staat ihren Ethno-Nationalismus ungehindert ausleben kann.