Die Abwrackprämie

Schrott für die Welt

Es lebe die Abwrackprämie! Sogar die kleinen Betrügereien befördern den Export und retten die Umwelt.

Der Countdown läuft – die blaue Ecke im Kuchen­diagramm auf der Website des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa), die die noch möglichen Anträge auf eine Abwrackprämie darstellt, schrumpft und schrumpft. Nur noch knapp über 250 000 Zuschüsse zum Kauf eines Neuwagens sind übrig. Also ran, bald sind die fünf Milliarden Euro verpulvert!
Wer hätte gedacht, dass die üppigen, zweckgebundenen Konsumgutscheine für Leute, die wenigstens ein paar Tausender für einen neuen Kleinwagen über haben, so schnell an den Mann gebracht sein würden? Ein schöner Erfolg für die Regierung, die sich das ausgedacht hat. Wenn jemand die Krise zu meistern weiß, dann Deutsch­land! »Die Autoindustrie meldet dank Abwrackprämie gute Verkaufszahlen, der Export zieht wieder an«, konnte man vorige Woche etwa auf Tagesschau.de lesen. Im Juli wurden stolze 30 Pro­zent mehr Neuwagen zugelassen als im gleichen Monat des Vorjahres, und die Ausfuhren stiegen nach Angaben des Statistischen Bundesamts von Mai zu Juni um sieben Prozent, das gab es zu­letzt vor drei Jahren.
Wie sich herausgestellt hat, hängen diese beiden stolzen Leistungen sogar noch enger zusammen als gedacht. Der Bund deutscher Kriminalbeamter gab die Schätzung bekannt, dass rund 50 000 der für die Schrottpresse bestimmten Autos ganz oder in Einzelteilen in afrikanische und osteuropäische Länder verkauft worden seien.
Es werden also nicht nur fünf Milliarden in der Deutschen liebste Branche gesteckt. Die Schrotthändler mit ein wenig krimineller Energie verbessern zudem die Ausfuhrbilanz und mit ihrem Nebenverdienst die Nachfrage auf dem Binnenmarkt. Arbeitsplätze in der Autoindustrie, auf den Schrottplätzen und sogar bei den staatlichen Ermittlungsbehörden werden gesichert: »Wir brau­chen eine ›Soko Abwrackprämie‹«, forderte der FDP-Politiker Patrick Döring und verlangte, Zoll, Kripo und Bafa sollten künftig mehr kontrollieren.
Und sogar die Umwelt wird ein kleines bisschen geschont. Dies mag die taz, immer nur das Gute im Menschen sehend, gemeint haben, als es hieß, die Motivation der Regierung für die Einführung der »Umweltprämie« sei »im Wesentlichen eine Hoffnung auf umweltfreundliche Autos« gewesen. Zwar ist die Herstellung eines neuen Autos grundsätzlich ebenso wenig dazu geeignet, die Umwelt und das Klima zu retten wie der Bau eines neuen Kohlekraftwerks. Aber vermutlich verjüngen die exportierten Wagen die Fahrzeugflotte der entsprechenden Länder und lassen den Schad­stoffausstoß und den Energieverbrauch immerhin dort um einen Hauch sinken, ohne dass neue Wagen hergestellt werden müssen.
Kein Wunder, dass die Abwrackprämie sich zu einem Exportschlager gemausert hat, der in der Ausfuhrstatistik noch nicht einmal auftaucht. Längst haben die USA, Japan und viele europäische Länder die glorreiche Idee übernommen. Hätten sie bloß die »Soziale Marktwirtschaft« gleich mit eingeführt, wie von Angela Merkel und ihrer Regierung vorgesehen, dann wäre der Kapitalismus künftig gegen alle Krisen gewappnet. So wie die Autoindustrie gegen Verkaufseinbrüche und die Umwelt gegen weitere Verschmut­zung.