Geschäfte und Verluste der HSH Nordbank

Länder haften für ihre Banken

Die windigen Geschäfte und absehbaren Verluste der HSH Nordbank dürften nach Schleswig-Holstein auch Hamburg einige Probleme bereiten.
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In Hamburg ist es seltsam ruhig. Der Erste Bürgermeister Ole von Beust (CDU) segelte während der Travemünder Woche bei einer lustigen Regatta mit und gewann sechs Liter »Lübecker Rotspon« – eine Rotweinsorte, die an der Ostseeküste zum Glück nur reift, nicht aber dort angebaut wird. Ansonsten bereitet er sich auf den Wahlkampf vor. Auch mit der schwarz-grünen Koalition scheint alles in Ordnung zu sein. Das verwundert. Denn obwohl Hamburg in gleichem Maße wie Schleswig-Holstein für die HSH Nordbank bezahlt hat und vermutlich noch einiges zu zahlen haben wird, ist ein möglicher finanzieller und politischer Bankrott bislang nur in Schleswig-Holstein Thema.

Im Juni 2003 fusionierten die Landesbank Schleswig-Holstein und die Hamburgische Landesbank zur HSH Nordbank. Die Hauptaufgabe der Bank soll die Finanzierung der Unternehmen der beiden Länder sein. Im September 2008 musste das Geldinstitut Gesamtabschreibungen im Wert von 1,1 Milliarden Euro tätigen und geriet offensichtlich in finanzielle Schwierigkeiten. Bereits im Februar mussten Hamburg und Schleswig-Holstein ihrer Landesbank mit einem »Mini-­Soffin« mit 13 Milliarden Euro beispringen. Drei Milliarden mussten sofort gezahlt werden, um das Überleben der Landesbank für die nächste Zeit zu sichern. Die restlichen zehn Milliarden Euro wurden als Sicherheitsgarantie bereitgestellt. Die Anteile der Länder an dieser Hilfsaktion sind dabei gleich groß, so dass jedes jeweils bis 6,5 Milliarden Euro aufbringen muss.
Für Schleswig-Holstein erklärte der dortige Fraktionsvorsitzende der FDP, Wolfgang Kubicki, dass die politische Handlungsunfähigkeit drohe und dies einem politischen Bankrott wie dem Islands gleichkomme. In Kiel ist derweil die Koalition auseinandergebrochen und es wurden Neuwahlen angesetzt. Die Krise der HSH Nordbank sorgt für großen Aufruhr, und ein Wahlkampf mit gegenseitigen Schuldzuschreibungen hat längst in aller Heftigkeit begonnen.
Joachim Bischoff, der finanzpolitische Sprecher der Fraktion »Die Linke« in der Hamburger Bürgerschaft, sagte dazu, dass die Fraktion der Gal schlicht den »Burgfrieden« wahre. Immerhin seien bereits wichtige grüne Projekte wie die Stadtbahn von ihrem Koalitionspartner einfach abgenickt worden. Die SPD dagegen tut gut daran, sich herauszuhalten, da sie ja über Schleswig-Holstein in die Sache verstrickt ist. Da die Stadt Hamburg über mehr Mittel verfügt als ihr nörd­licher Nachbar, ist also erst einmal nicht zu befürchten, dass ein ähnliches politisches Fiasko auf die Regierung zukommen könnte. Die HSH Nordbank stellt für Hamburg zwar ein ernst zu nehmendes Problem dar. Aber zumindest finanziell lässt es sich bislang noch lösen.

Allerdings könnte das Image leiden. Es wird nämlich immer deutlicher, dass das finanzielle Desaster der Bank den beiden Landesregierungen bereits seit längerem bekannt gewesen sein muss. Denn wie nun NDR-Info berichtet hat, war bereits im September 2007 die finanzielle Mise­re des Instituts offensichtlich. »Es gebe einfach noch zu viele Aktiva, die bis zum Jahresende aus der Bankbilanz verschwinden müssten«, wird ein Mitglied des HSH-Kapitalmarktvorstands in einem Protokoll des Risikoausschusses aus jener Zeit nach Angaben des Senders zitiert.
Die erwähnten Aktiva stehen größtenteils noch unter »Gewährträgerhaftung« der Länder Schleswig-Holstein und Hamburg. Im Klartext bedeutet dies, dass die beiden Länder einspringen müssten, sollten die Papiere ihren Wert verlieren. Zwar hat die EU-Kommission diese Art von Geschäften wegen »Konkurrenzverzerrung« inzwischen unterbunden. »Die HSH Nordbank konnte sich jedoch noch rechtzeitig mit toxischen Papieren vollsaugen, bevor diese Vorgabe aus Brüssel umgesetzt werden musste«, sagt Bischoff. Zurzeit hafteten Hamburg und Schleswig-Holstein noch für Papiere mit einem Wert von 64 Milliarden Euro. Sollten sich diese als »toxisch« erweisen, müsste weiteres Geld nachgeschossen werden. Eine öffentliche Diskussion darüber wird sich dann auch in Hamburg wohl nicht weiter vermeiden lassen.
Gleiches gilt für das bereits geflossene Geld. Die drei Milliarden, die Hamburg und Schleswig-Holstein bereits für die Bank gezahlt haben, werden aller Wahrscheinlichkeit nach Ende des Jahres aufgebraucht sein, schätzt Bischoff. Im Jahres­finanzbericht der HSH Nordbank heißt es hinsichtlich einer weiteren Kapitalaufnahme: »Die Refinanzierungsbedingungen waren außergewöhnlich schwierig. Besonders seit der Insolvenz der US-Investmentbank Lehman Brothers war die Mittelaufnahme an den Geld- und Kapitalmärkten kaum noch möglich.« Für die beiden Hauptanteilseigner bedeutet dies, dass Ende des Jahres eine neue Rechnung in den Regierungskanzleien eintreffen dürfte.

Derzeit versucht die Bank, sich weitere Geldquellen zu erschließen, insbesondere über die Europäische Zentralbank. Ob dies jedoch gelingt, ist ungewiss. Auch sollen bis zum Jahr 2012 von den 4 105 Beschäftigten der Bank nur noch 3 250 übrig sein. Ein entsprechender Sozialplan, der angeblich die Interessen der Mitarbeiter berücksichtigt, soll im Laufe des Jahres 2009 verabschiedet werden. Dabei dürften Bonus-Zahlungen in unbestimmter Höhe fällig werden.
Die Grünen machen jedenfalls kräftig mit. So teilte Katharina Fegebach, die Gal-Landesvorsitzende in Hamburg, der Presse mit: »Die Rettung der HSH Nordbank ist für Hamburg alternativlos. Angesichts des katastrophalen finanziellen Schadens, der im Falle einer Insolvenz der Bank auf die Stadt Hamburg zugekommen wäre, befürwortet auch die Gal den vorliegenden Entwurf.« Des weiteren wolle die Partei darauf drängen, dass die Gewährträgerhaftung möglichst zügig reduziert werde.