Warmer Lärm

Eine rundum schöne und weitab von jedem Dumm­batzenkirmespop angesiedelte Geräusch­musik ist das, in der es vor allem Bratz-Schrumm und Fiep-Schnarr macht. Eigentlich existiert ja viel zu wenig von dieser Sorte Musik auf der Welt. Endlich mal kein leeres La-La-La, kein stumpfsinniges Epigonentum, keine Re­frains, kein Pop­dudelquatsch. Das Kölner Duo Pirx wollte, so scheint’s, einfach nur mal gucken, was man mit einer unsachgemäß gehandhabten Gitarre und einem Laptop alles machen kann: Man kann bei­spielsweise Fabrikhallengeräusche mit Zahnarztzimmergeräuschen mischen oder Töne klin­gen lassen wie Geräte, die gerade kaputtgehen. Bratz-Schrumm, Fiep-Schnarr. Die Titel der Stücke zitieren Filme von Green­away, Schlesinger, Kurosawa oder Ulrich Seidl. Warum aber jede possierliche Krachmacherei hierzulande derart mit Bedeutung (bzw. dem, was der Deutsche irrtümlicherweise dafür hält) aufgeladen werden muss, dass man meint, es falle einem ein 16-Ton­nen-Gewicht auf den Kopf, will mir nicht einleuchten. Muss der Reklametexter der Plattenfirma unbedingt immer gleich daherreden, als sei er stolz darauf, dass er gerade die ödesten Feuil­letonphrasen auswendig gelernt hat? »Dichte Texturen erzeugen eine Tiefe, die sich nicht aufdrängt«, »ein arhythmischer Strom von Klang­ereignissen«, »Balance zwischen harschem und warmem Lärm«, »unberechenbar und ruht gleichzeitig in sich selbst«. Liest man derlei freihändig zusammen­ge­schmier­ten Plattitüdensalat, könnte man die Lust verlieren, sich die CD anzuhören. Hört man sie dann aber doch, freut man sich: Bratz-Schrumm, Fiep-Schnarr.

Pirx: Deleted Scenes (Satelita/a-Musik)