Ausgezwitschert

Bundeswahlleiter Roderich Egeler steckt in Schwierigkeiten, und schuld daran ist Twitter. Oder die Twitterbegeisterung der Politikerzunft, oder auch die Exit Polls, die Umfragen am Tag der Wahl. Am Sonntag konnte man pünktlich zur Kaffeezeit bei Twitter schon einen Blick auf ziemlich zutreffende Zahlen zu den Landtagswahlen werfen. Die frühe Stunde kollidierte leider mit dem Bundeswahlgesetz, vor Schließung der Wahllokale dürfen keine Prognosen bekanntgegeben werden. Für den zuständigen Aufpasser ein Horrorszenario, mit ängstlichem Blick auf die Bundestagswahlen spricht Egeler von einem »Gau«. Wiederholt sich Ähnliches am 27. September, könnte die Wahl wegen möglicher Manipulation nachträglich für ungültig erklärt oder angefochten werden. Das wäre eine schöne Blamage. Nach seinen umstrittenen Zulassungsentscheidungen, wird der Bundeswahlleiter ohnehin schon von ein paar OSZE-Wahlbeobachtern durch den Tag begleitet. Sorgen macht sich auch Parteifreund Wolfgang Bosbach, der Fraktionsvize der CDU/CSU sieht bereits die Demokratie in Gefahr. Pikanterweise kam das Gezwitscher vom Account des CDU-Politikers Patrick Rudolph, der sich jetzt ganz ahnungslos fragt, wer denn da geschrieben hat. Die Twitterbesessenheit der Politiker ist für Egeler zum Problem geworden. Er könnte den Onlinedienst mit der Höchstgeldstrafe von 50 000 Euro belangen. Keine wirkliche Option, denkt man an Wahlkämpfer, die stolz die Rankings ihrer Follower präsentieren. Und die Wählerschaft kann wohl kaum auf so intime Informationen wie »Bratwurst, ich kom­me« von Christoph Matschie (SPD) verzichten. Zur Lösung des Problems einfach mal die Exit Polls verbieten? Schwierig, Egeler als Chefstatistiker würde die Kollegen brüskieren, und für Politiker und Journalisten geriete der Wahltag zum echten Gesundheits­risiko. Im Unterschied zu den Wählern werden die schon nachmittags mit Prognosen versorgt, damit sie vor den Fernsehkameras einigermaßen gefasst agieren können. Provisorisch hat Egeler jetzt alle mal rundum verwarnt.