Zelayas Rückkehr nach Honduras

Es kann nur einen geben

Die honduranischen Putschisten geraten nach der Rückkehr des gestürzten Präsidenten Zelaya stärker unter Druck, wollen sich jedoch nicht zurückziehen.

Am Abend des 20. September erreichte die Regierungsmitglieder El Salvadors eine Nachricht des honduranischen Präsidenten Manuel »Mel« Zelaya. Auf dem Weg von Brasilien nach New York lande er gleich in San Salvador, und da er Geburtstag habe, wolle er gerne mit ihnen Torte essen. Die Torte bekam er, ebenso Pupusas, gefüllte Maisfladen. Es war ein informeller Besuch auf höchster Ebene. Angeblich will niemand gewusst haben, wohin Zelaya anschließend aufbrach.
Am nächsten Tag übertrug der honduranische Kanal 36 plötzlich Live-Bilder von Zelaya direkt aus der brasilianischen Botschaft in der Hauptstadt Tegucigalpa. Nur zwei Kilometer vom Präsidentenpalast und dem Sitz der Putschregierung um Roberto Micheletti entfernt, grüßte der vor knapp drei Monaten gewaltsam aus dem Land gebrachte Präsident seine Anhänger.
Zelaya hat es geschafft, er kehrte nach 85 rastlosen Tagen im Exil zurück. Nachdem weder der Druck ausländischer Regierungen noch die seiner protestierenden Anhänger groß genug war, um ihm die offizielle Wiedereinreise nach Honduras zu ermöglichen, ist er nun auf klandestinem Wege erfolgreich gewesen. Angesichts dieser neuen Situation geraten die Putschisten stärker unter Druck. »In einem Land kann es keine zwei Präsidenten geben, sondern nur einen«, sagte Zelaya dem Nachrichtensender CNN. Und er habe nicht vor aufzugeben.

Doch auch die Putschregierung gedenkt nicht zu kapitulieren. Sie hat sich moderne Aufstandsbekämpfungstechnologie beschafft. Die den Putschisten ergebene Presse lobt die neue Ausrüstung, so genannte Mikrowellenwaffen und LRAD-Schall­kanonen, und beschreibt anerkennend, wie sich davon getroffene Demonstranten vor Schmerzen krümmen. Mit Tränengasgeschossen, Wasserwerfern und chemischen Kampfstoffen gehen Hubschrauber und drei Bataillone des Heeres gegen die unbewaffnete Opposition vor und attackieren auch die Eingeschlossenen in der Botschaft.
Nachdem Zelayas Rückkehr gelungen ist, scheint nun wieder die internationale Diplomatie gefragt zu sein. Denn eine schlagkräftige Macht gegen die Exekutive des Regimes gibt es im Lande nicht. Der zivile Widerstand hat zwar Entschlossenheit und Durchhalte­vermögen bewiesen, doch gelingt es ihm offensichtlich nicht, die Putschisten zum Rückzug zu zwingen. Hier fehlen wohl doch die Kampferfahrung und der Organisationsgrad historisch gewachsener sozialer Bewegungen, wie sie sich in den zentralamerikanischen Nachbarländern entwickelt haben. Militär und Polizei stehen nach wie vor geschlossen auf der Seite der Putschisten.

Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) ist bemüht, den Putsch auf dem Verhandlungsweg zu beenden. Denn in der Region ist die Angst groß, dass das Beispiel des plumpen, aber doch bislang erfolgreichen Militärcoups Schule machen könnte, um die Integration eines Landes in internationale Bündnisse abseits der US-Freihandelsabkommen sowie soziale und basisdemokratische Reformen zu unterbinden. Verhandlungen über die »Wiederherstellung der rechtmäßigen Ordnung« waren kurz vor Zelayas überraschender Rückkehr in Costa Rica gescheitert, auch seine Anwesenheit hat die Putschisten bislang nicht kompromissbereiter gemacht.
Der Friedensplan der OAS sieht zwar eine Amnestie für die Putschisten vor, nennt jedoch die Wiederein­setzung Zelayas ins Präsidentenamt unabdingbar. Doch die Regierung um Roberto Micheletti weiß die Oligarchie aus Politik, Wirtschaft und Medien auf ihrer Seite und versteht es, die nach wie vor mehrheitlich unpolitische Armutsbevölkerung propagandistisch zu lenken. Was der Oligarchie allein zu fehlen scheint, sind Wahlen, um wieder internationale Legitimität zu erlangen. Diese sind für Ende November angesetzt. Die OAS und die US-Regierung haben allerdings angekündigt, dass sie das Ergebnis einer Wahl, die unter dem derzeitigen Regime stattfindet, nicht anerkennen werden.

Tatsächlich eingreifen, Zelaya zurück ins Amt bringen und die Wahlen überwachen könnte lediglich die Uno durch ein Mandat des Sicherheitsrates, wie es im Jahr 1994 zur Wiedereinsetzung des haitianischen Präsidenten Jean-Bertrand Aristide erteilt wurde. Ein solches Mandat fordert der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva. Der UN-Sicherheitsrat konnte sich aber bislang lediglich dazu durchringen, die Angriffe auf die Botschaft in Tegucigalpa zu verurteilen.
»Ansonsten bleibt die internationale Gemeinschaft lieber tadelnder, aber unbeteiligter Zuschauer«, fasst Lorena Delaya von der Nationalen Widerstandsfront ernüchtert zusammen. Für die Widerstandsbewegung stellen auch Neuwahlen keine Lösung dar, solange die ungebrochene Macht der Oligarchie jede Veränderung blockiert. »Nur eine verfassungsgebende Versammlung kann die Verhältnisse in Honduras wirklich fundamental ändern.«