Nicht heiratsfähig

»Ich bin ein sehr, sehr enttäuschter Mann«, eröffnete Ambrose Muli seine Sonntagspredigt in der Kathedrale St. Anthony in Nairobi. Er hatte sich Gedanken über die »so genannte Heirat« zweier kenianischer Homosexueller in London gemacht: »Was lief falsch?« Schuld sind seiner Ansicht nach die Kenianerinnen, sie seien »nicht länger heiratsfähig«, »zu kompliziert und zu unattraktiv« und brächten die Männer dazu, miteinander »die Freude zu empfinden, die eine Hochzeit bringt«. Er mahnte die Frauen, künftig wieder ihrem gottgegebenen Auftrag nachzukommen und die Männer besser zu behandeln. Viele Frauen protestierten mit lauten Rufen »No, no no«.
Homosexuelle Männer (Frauen erwähnt das Gesetz nicht) können in Kenia mit 14 Jahren Gefängnis bestraft werden. Das Gesetz stammt aus der britischen Kolonialzeit, doch während es in Großbritannien längst abgeschafft wurde, soll in Kenia auch die neue Verfassung den Homosexuellen keine Rechte gewähren. Ansonsten würde »die Mehrheit der Kenianer den Entwurf im kommenden Referendum ablehnen«, sagte Otiende Amolo, ein Mitglied des Verfassungskomitees. Da könnte er Recht haben, denn Homophobie ist weit verbreitet. »In Kenia ist es besser, ein Dieb zu sein als ein Schwuler«, berichtete der homosexuelle Prostituierte John Mathenke. Die Polizei begnügt sich zwar meist damit, ein Schmiergeld zu kassieren, doch Angriffe und Lynchmorde sind häufig. Mittlerweile gibt es eine Reihe von Organisationen, die sich für die Rechte der Homosexuellen einsetzen, doch erreichen sie nach eigenen Angaben nur ein Prozent der Bevölkerung. Die Hochzeit in London, die Mitte Oktober stattfand, hat die Debatte erneut angefacht. Doch findet sie überwiegend auf dem von Muli präsentierten Niveau statt. Der anglikanische Erzbischof Eliud Wabukala findet die Homo-Ehe »inakzeptabel und unnatürlich«, der muslimische Abgeordnete Sheikh Mohammed Dor nennt sie »unafrikanisch«.   js