»Im Stil der Mafia«

Sie habe den Geist eines Fakirs, hat ihr Ehemann einmal über sie gesagt. Die 34jährige kubanische Bloggerin ist nach eigenen Angaben am 6. November in Havanna von Sicherheitskräften aufgegriffen und misshandelt worden. Auf dem Weg zu einer Performance für Gewaltfreiheit seien sie und ein weiterer Blogger von drei Unbekannten aufgefordert worden, in ein Auto zu steigen. Statt sich auszuweisen, hätten die Männer Sánchez kopfüber ins Auto verfrachtet. Die beiden Blogger seien während der Fahrt geschlagen worden und Sánchez habe man die Luft abgedrückt. »Einen Moment lang habe ich gedacht, dass ich hier nie wieder rauskomme«, schreibt sie auf ihrem Blog »Generación Y«, der mittlerweile in 17 Sprachen erscheint, in Kuba jedoch gesperrt ist. »So weit ist es mit dir gekommen« und »Da sind dir deine Clownereien vergangen, was?« habe man ihr gedroht, ehe die »Entführung im Stile der Mafia« nach knapp 20 Minuten vorbeigewesen sei.
Die Philologin Sánchez stammt aus Cayo Hueso, einem rauen Viertel der Hauptstadt. Sie besaß im Jahr 2007 die Tollkühnheit, im Internet mit ihrem Namen über für sie unerträgliche Widersprüche des kubanischen Alltags zu bloggen, die bis dahin nur unter Pseudonym beschrieben worden waren. Von westlichen Medien mit Ehrungen wie dem Preis »Ortega y Gasset« überhäuft, setzte sie ihre Popularität und ihre neuen materiellen Möglichkeiten geschickt dazu ein, eine Blogger-Community zu begründen und unbequeme Geister wie den Punk-Rocker Gorki Aguila vor dem Zugriff des Staats zu schützen. Wie eine nicht geladene 13. Fee erschien sie in diesem Jahr bei öffentlichen Ereignissen und meldete sich kritisch zu Wort. Seitdem wurde ihr mehrfach der Zutritt zu Veranstaltungen verweigert. Ende Oktober verschaffte sie sich mit Perücke getarnt Zutritt zur Präsentation der Zeitschrift Temas, deren aktuelle Ausgabe das Internet thematisiert. »Sie haben mit Gewalt auf Worte reagiert«, twitterte sie am Tag nach den Schlägen. Die beste Therapie gegen den Schock? Weitermachen. »Es gibt noch Tausende Themen, ich vermisse das Netz!«