’ne Sternschnuppe am deutschen Himmel

»Ein Versehen? Absicht? Ein Skandal?!« fragt der Berliner Kurier, wohl wissend, dass dem Tausendsassa Stephan Krawczyk alles zuzutrauen ist. »Deutschland, Deutschland über alles« sang er, vom Bundespräsidenten um die Na­tionalhymne gebeten, bis er darauf auf­merksam gemacht wurde, dass er sich beim »Lied der Deutschen« in der Strophe vertan hatte. Wollte er uns vielleicht etwas damit sagen? Könnte Krawczyk, der die Verleihung von Bundesverdienstkreuzen an diverse Bürgerrechtler der DDR musikalisch untermalte, etwa gemeint haben...? Schließlich bot er erst im Frühjahr auf dem Berliner Alexanderplatz mit Freya Klier ein Programm zur »subversiven Kraft der Musik« dar. Und in der Vergangenheit leistete der »Wort- und Liedkünstler« noch Dinge ganz anderen Kalibers, denn damals »schlug die Kraft seiner Worte und Lieder an die schon bröckelnde Mauer, zuerst von Osten her, nach seiner Abschiebung von Westen« ().
Auf seiner Webseite steht auch ein Pressetext, der mit den Worten beginnt: »Dieser Mann lebt im Heute.« Das ist gut so, denn sonst würde man das vergessen, ist doch beinahe alles, was man über ihn sagen kann, mit »DDR« oder »ehemalig« verbunden (Liedermacher, Bürgerrechtler, Dissident usw.). In der Gegenwart präsentiert Krawczyk literarisch-musikalische Programme mit Titeln wie »Ein Deutscher in Deutschland«. Er müsste also wissen, wovon er singt! Und überhaupt ist Krawczyk, so lässt er über sich schreiben, »wie unplugged ohne die bedeutungsschweren und lauten Schlagzeilen von einst. Er ist leiser, weiser, ungeschützter auch, ohne jedoch den Biss verloren zu haben. Seine Lieder sind nicht mehr Feuerstürme, sondern glühende und berührende Leuchtfeuer«, denn er dichtet Sätze wie: »Ich bin zu schnell in deine Atmosphäre eingetaucht, ich war ’ne Sternschnuppe an deinem Himmel, ein Lichtstrich für dich.« Entscheiden Sie: subversiv oder peinlich?