Über die »erneuerte« SPD

Bedeutungslos und Spaß dabei

Die »erneuerte« SPD ist vor allem eines: lustig.

In den Medien ist derzeit inflationär von der »linken Volkspartei« SPD die Rede. Doch das Geschnarre wird freilich auch dann nicht wahrer, wenn man es beständig herunterbetet wie die ­Katholiken den Rosenkranz. »Linke Volkspartei«, in diesen zwei unscheinbaren Worten wurden mindestens zwei unverschämte Lügen untergebracht.
Zwar wird von den Sozialdemokraten aus Gründen der Reklame auch gegenwärtig fortwährend die Rede von der »sozialen Gerechtigkeit« im Munde geführt, doch – um es mit Woody Allen zu sagen – mit der sozialen Gerechtigkeit hat die Partei schon vor vielen Jahren »das gemacht, was Hitler mit Polen gemacht hat«. Natürlich hat man seit der verlorenen Bundestagswahl erfolgreich die Floskelproduktion erhöht und schwatzt in einem fort von »Aufbruch«, »Erneuerung«, »Glaubwürdigkeit« usw. Doch Menschen mit einem intakten Erinnerungsvermögen wissen: Die deutsche Sozialdemokratie muss man als zweierlei begreifen, als parteiförmige Gerechtigkeitssimulation und als eine Art CDU auf der ­Ersatzbank.
Richtig muss es vielmehr heißen wie folgt: Die SPD ist eine opportunistische Spaßpartei. Opportunistisch ist sie natürlich schon immer gewesen, von den Kriegskrediten 1914 bis heute, doch die mutig eingeleitete Entwicklung zur Spaßpartei begann erst mit dem Abtreten Willy Brandts, des letzten Vorsitzenden der Partei, der nicht redete wie ein kaputter Phrasenautomat. Seither folgt in der SPD in kurzen Abständen ein Vorsitzender dem anderen, und jeder einzelne von ihnen kann als ein Beweis dafür gelten, dass der Weltgeist seit 22 Jahren eine Vesperpause macht.
Unwillkürlich denkt man: Wer wählt diese SPD-Vorsitzenden? Was bringt eine Partei dazu, sich selbst so zu demütigen? Welche traumatischen Kindheitserfahrungen sind es, die hier von Parteitagsdelegierten bewältigt oder gerächt werden müssen? Erst wenn man sich die Reihe der Vorsitzenden einmal genauer ansieht, begreift man es. Ein klar alle anderen überstrahlender Gedanke tritt hervor: Für die Wahl des Vorsitzenden hat die SPD seit nunmehr 20 Jahren nur ein einziges Kriterium, und das lautet: Welcher ist der Lustigste?
Niemand auf der Welt hat seither einen so variantenreichen Humor bewiesen wie die SPD-Parteitagsdelegierten. Zuweilen ist es eine eher subtile Witztechnik (Platzeck), mal ist es ein plumper, täppischer, volkstümelnder Fasnachtsscherz (Beck), doch hie und da zeigt sich auch mal eine grausige, gewöhnungsbedürftige Sorte Humor, die daherkommt wie ein rasch und unbarmherzig ausgeführter Axthieb und tiefe, nie verheilende Wunden hinterlässt (Scharping). Der neueste Streich der Delegierten hatte zur Folge, dass ein nicht genauer zu definierender, eigenschaftsloser Gnubbel namens Sigmar Gabriel jetzt SPD-Vorsitzender ist. Eine kurze Recherche ergibt, dass die Person ein Emporkömmling und braver Streber ist, der früher folgsam Gerhard Schröders Beschlüsse abnickte und ihm die Akten hinterhergetragen hat. Unter humortechnischen Aspekten betrachtet, hat der Parteitag richtig entschieden: ein hochtalentierter Phrasenautomat, der bei Bedarf jederzeit die »Positionen wechseln kann« (FAZ) und »für alles offen« ist (Freitag). Früher hat die Partei sogar einmal extra das Amt des »Pop-Beauftragten« für ihn erfunden, weil er sich bereitwillig mit ein paar abgehalfterten Schlagersängern ablichten ließ. Spätestens von da an wusste man auch, was die SPD unter Pop versteht. Politisch ist sie komplett überflüssig geworden, doch dafür ist sie heute die lustigste Partei Deutschlands. Und das will in einem Land, das die Grünen hervorgebracht hat, etwas heißen.