Benny Peiser im Gespräch über die wirtschaftlichen Folgen der Klimapolitik

»Die Wissenschaft spielt in Kopenhagen keine Rolle«

Benny Peiser lehrt als Kulturwissenschaftler an der John Moores University in Liverpool. Er ist Direktor der am 23. November im House of Lords in London gegründeten Global Warming Policy Foundation, einem Thinktank, der sich mit den wirtschaftlichen Folgen der Klimapolitik beschäftigt.
Von

Alle Welt schaut auf den Klimagipfel in Kopenhagen, als wenn von ihm das Schicksal eben jener Welt abhinge. Vielleicht ist das ja auch so?

Nein, gewiss nicht. Man weiß ja mittlerweile, dass dabei nicht viel herauskommen wird. Es wird eine Erklärung geben, und dann werden alle Regierungsvertreter nach Hause fahren und behaupten, dass man einen riesigen Fortschritt erreicht habe. Aber es wird kein Fortsetzungsprotokoll zum Kyoto-Protokoll geben, keinen Beschluss über verbindliche Maßnahmen oder Ziele.

Sie sagen ein Scheitern des Gipfels voraus?

Er wird nicht scheitern. Er wird als Erfolg dargestellt werden. Aber was die Umweltbewegung hofft, nämlich dass konkrete Maßnahmen beschlossen werden, das glaube ich nicht. Und insgeheim freuen sich viele Regierungsvertreter, wenn es kein neues Abkommen gibt. Es hat sich inzwischen herumgesprochen, dass konkrete Maßnahmen sehr teuer werden und man sich die gar nicht leisten kann in der gegenwärtigen Situation. Die Entwicklungsländer fordern, dass, wenn es zu einem Abkommen kommen sollte, die westlichen Staaten bis zu 300 Milliarden Dollar im Jahr transferieren. Das wäre der Preis für die Unterschrift von China und Indien. Ich denke nicht, dass irgendwer dazu bereit ist.

Wünschen Sie sich als Klimaskeptiker denn ein Scheitern des Gipfels?

Ich bin kein Klimaskeptiker, ich bin Agnostiker. Ich weiß nicht, wie das Klima in der Zukunft wird. Die Alarmisten glauben, es wird ganz schrecklich warm, die Skeptiker glauben, dass es eher kalt oder zumindest nicht warm wird, ich weiß es nicht. Ich gestehe ganz offen, dass ich das Klima nicht verstehe. Ich kann die Entwicklung nicht vorhersagen. Ich glaube aber auch, dass die meisten Klimaforscher, die diese hübschen Klimamodelle basteln, es auch nicht genau wissen. Ich denke, es ist hilfreich, dass es international ein Patt gibt. Das verhindert, dass unüberlegte Maßnahmen ergriffen werden, die vermutlich die Wirtschaft stark belasten, ohne dass sie eine Wirkung auf das Klima haben. Vor allem wäre es vernünftig, den Entwicklungsländern nicht zusätzliche Schwierigkeiten zu bereiten.

Ist das ein wissenschaftliches Patt zwischen Alarmisten und Skeptikern?

Die Wissenschaft spielt in Kopenhagen und der internationalen Klimapolitik überhaupt keine Rolle. Die Politiker und die Regierungen hören schon lange nicht mehr auf die Wissenschaft. Sie treffen ihre Entscheidungen nicht auf einer wissenschaftlichen Basis, sondern ausschließlich aus wirtschaftlichen und nationalen Interessen.

Dann ist das also eher ein Patt zwischen verschiedenen Wirtschaftslobbys, beispielsweise der Versicherungslobby auf der einen und der Öl-Lobby auf der anderen Seite?

Nein, es liegt einfach daran, dass eine unilaterale Klimapolitik wie Kyoto dazu führt, dass nur die wohlhabenden Länder Klimapolitik machen und die anderen nicht. Die Europäer haben inzwischen kapiert, dass sie selbst wirtschaftliche Einbußen erlitten haben, während die asiatischen Staaten profitieren. Und deshalb ist kein Land mehr bereit, einseitige Maßnahmen zu ergreifen. Es geht um internationalen Handel und um Konkurrenzkampf, um das Klima aber kaum.

Was wäre denn eine wissenschaftlich vernünftige Klimapolitik aus Ihrer Sicht?

Eine Politik, die flexibel und in der Lage ist, auf den Klimawandel zu reagieren – was immer da kommt. Vernünftig wäre eine Politik, die sich keine festen Ziele setzt, welche sich als falsch herausstellen können, und als sehr kostspielig. Deshalb denke ich, dass es vielleicht wirklich das Vernünftigste ist, keine verbindlichen Beschlüsse zu fassen und sich stattdessen regelmäßig zu treffen, zu beobachten, was in der Natur passiert, und jeweils flexibel darauf zu reagieren. Die Regierungsvertreter und Bürokraten könnte man dazu sicher leicht überreden, wenn sie weiterhin immer in diese schicken Hotels fahren dürfen, der ganze Gipfelzirkus könnte also noch lange weiterziehen. So wäre das eigentlich normal in der Politik, nur bei der Klimadebatte, da ist das alles sehr emotional geworden und hysterisch.

Aber selbst wenn sich eines Tages herausstellen sollte, dass der Klimawandel nicht oder kaum von Menschen beeinflusst wird, kann es ja nicht schaden, Abgase zu reduzieren und saubere Energien zu fördern, oder?

Richtig. Aber es geht nicht um die Frage, ob der Klimawandel stattfindet oder nicht. Es könnte ja auch sein, dass er stattfindet, aber nicht so gravierend ist, dass die Erwärmung sehr viel geringer ist als angenommen und deshalb derart massive Eingriffe nicht notwendig sind. Die Frage ist ja nicht, ob man etwas tut, sondern ob man etwas tut, was sinnvoll ist. Und viele der Vorschläge in der Klimapolitik sind einfach zu teuer und ergeben weder wirtschaftlich noch umweltpolitisch einen Sinn.

Welche Maßnahmen würden Sinn ergeben?

Es wird immer Hurrikans geben, der Meeresspiegel wird weiterhin ansteigen, es wird weiterhin Dürren und Flutkatastrophen geben – ganz unabhängig davon, was die Gründe dafür sind. Es wird auf jeden Fall immer diese Katastrophen geben. Und da kann und sollte man sehr viel machen und sehr viel investieren, zum Beispiel in besseren Katastrophenschutz, in bessere Infrastruktur. Dabei muss man gerade den Entwicklungsländern helfen. Die beste Lösung ist es, den Entwicklungsländern zu größerem Wachstum und zu mehr Entwicklung zu verhelfen, damit sie besser mit den Folgen des Klimawandels umgehen können, völlig unabhängig davon, was ihn verursacht und wie er weiter verlaufen wird.

Maßnahmen, die darauf zielen, den Klimawandel aufzuhalten oder zu beeinflussen, lehnen Sie vollkommen ab?

Solche Maßnahmen sind eben sehr, sehr viel teurer. Nicht nur finanziell. Der Preis dafür wäre zum Beispiel auch, dass man die Entwicklungsländer daran hindern müsste, die billigen Energien – Kohle, Öl und Gas – zu nutzen. Das wiederum würde gerade in den ärmsten Ländern zu mehr und nicht zu weniger Armut führen.

Der Hackerangriff auf Klimaforscher wird in den USA teilweise als »climategate« bezeichnet. Wie sehen Sie das?

Der Skandal besteht vor allem darin, dass sich die betroffenen Wissenschaftler bis heute geweigert haben, ihre Daten für eine unabhängige Überprüfung ihrer Forschungen zur Verfügung zu stellen. Und so etwas ist eigentlich undenkbar in der Wissenschaft, dass man seine Daten und Methoden nicht verrät. Es ist zu früh, jetzt den genauen Inhalt dieser E-Mails zu bewerten, das wäre voreilig. Aber es muss eine Untersuchungskommission geben, die sich damit beschäftigt, ob tatsächlich bestimmte Dokumente verheimlicht oder möglicherweise sogar zerstört wurden. Das ist eine sehr ernste Angelegenheit. Ich werbe für eine solche unabhängige Untersuchung. Dieser Skandal führt dazu, dass die Öffentlichkeit zunehmend das Vertrauen in die Klimawissenschaft verliert, und es ist ja ohnehin schon dadurch unterminiert, dass es seit zehn Jahren nicht mehr wärmer geworden ist.

Wer sollte denn eine solche unabhängige Untersuchung leiten? Gibt es in diesem hoch ideologisierten Bereich überhaupt so etwas wie eine neutrale Instanz?

Es ist in der Tat ein großes Problem, jemanden zu finden, der über den Dingen steht. Aber es muss eine Untersuchung und gegebenenfalls auch Konsequenzen geben. Der deutsche Klimaforscher Hans von Storch hat sich dafür ausgesprochen, dass einige der beteiligten Wissenschaftler, zumindest bis eine Untersuchung stattgefunden hat und die Sache aufgeklärt ist, nicht an dem Prozess des Weltklimarates teilnehmen sollen, dass sie ausgeschlossen werden von wissenschaftlichen Untersuchungen im Zusammenhang mit dem IPCC. Das halte ich für vernünftig.

Was wären darüber hinaus Ihre Forderungen an die Klimawissenschaft?

Dass sie transparent ist, dass sie bereit ist, sich der Kritik zu stellen, dass sie aufhört, Kritiker zu behindern oder gar aus ihren Jobs zu drängen, und dass sie akzeptiert, dass viele Fragen weiterhin offen sind. Dafür steht im übrigens auch die Global Warming Policy Foundation, die wir kürzlich in London gegründet haben.

Warum sollte man nun ausgerechnet dieser Organisation von Klimaskeptikern trauen?

Es ist keine klimaskeptische Organisation. In diesem Thinktank sind alle politischen Parteien vertreten. Wir haben außerdem sowohl Skeptiker als auch Agnostiker als auch Leute, die dem IPCC-Standpunkt sehr nahe stehen, als Berater. Wir vertreten nicht eine bestimmte Position und machen auch keine Kampagnen. Unser Ziel ist es, eine rationale, offene Debatte zum Thema Klima zu ermöglichen. Wir wollen Gräben überbrücken.