Online-Journalismus und Profit

Waren ohne Marktplatz

Online-Journalismus ist kaum profitabel. Werbung allein bringt nicht genug Geld ein. Und praktische Bezahlmodelle gibt es bislang nicht. Das liegt nicht zuletzt an den Verlegern.

Es gab bereits unzählige Versuche, im Internet Erlösmodelle zu etablieren, Abo-Modelle, die Bezahlung einzelner Artikel, der Verkauf von so genanntem elektronischem Papier. Nachdem die New York Times im September 2007 ihren kostenpflichtigen Dienst »TimesSelect« einstellte und ihr gesamtes Archiv und die bis dahin nicht frei zugänglichen Texte kostenlos zugänglich machte, wurde das Modell bezahlter Inhalte als gescheitert angesehen. In Deutschland öffnete kurz darauf Spiegel Online das gesamte Archiv des Spiegel. Die Rechnung war einfach. Durch den kostenlosen Zugang erhoffte man sich mehr Besucher und dadurch mehr Werbeerlöse.
Heute zeigt sich allerdings, dass mit Anzeigenerlösen sich auch keine zufriedenstellenden Profite im Online-Journalismus erzielen lassen. Lau­sige Pennys seien das, die man im Internet verdienen könne, klagte der Verleger Hubert Burda vor etwa einem Jahr. Vor allem die stetig fallenden Preise von Online-Anzeigen bereiten den Verlagen Probleme. Jetzt sucht man in der Branche wieder nach Wegen, die Leser online zur Kasse zu bitten. Aber bisher will kaum jemand für Journalismus im Internet bezahlen. Das liegt auch an den unattraktiven Preismodellen der Verleger. Die FAZ verkauft einzelne Artikel online für zwei Euro – das ist mehr als eine gedruckte Wochentagsausgabe kostet. Viele Zeitschriften und Zeitungen verkaufen ihre digitalen Angebote nur im Paket, als so genanntes E-Paper im Abo.

Dabei ist die grundsätzliche Zahlungsbereitschaft von Internet-Nutzern vorhanden, wenn die Preise niedrig sind und die Bezahlung einfach ist. Das zeigen die Musik-Download-Angebote, beispielsweise von Apple und Amazon. Könnte die einfache Zahlung von geringen Beträgen also ein Einnahmemodell für den Online-Journalismus sein? Wie niedrig müssten die Beträge sein, damit die Hemmschwelle der potentiellen Käufer sinkt? Rechnet man den Preis einer gedruckten Zeitung auf die einzelnen Artikel herunter, kostet ein Artikel rund zehn Cent. Vielleicht würden sich Artikel für zehn Cent online verkaufen lassen. Aber bisher gibt es keine geeigneten Bezahlsysteme für solche geringen Beträge. Es gibt zwar spätestens seit Mitte der neunziger Jahre Bestrebungen, Micropayment-Systeme zu entwickeln, mit denen man unkompliziert Kleinstbeträge zahlen kann, durchschlagenden Erfolg hatte bisher aber keines. Sie scheiterten alle an mangelndem Interesse und an zu hohen Transaktionskosten.
Spektakulärstes Beispiel dafür war das 1999 gestartete Unternehmen Paybox, das mit Beteiligung der Deutschen Bank ein unkompliziertes Bezahlsystem für kleine wie große Beträge etablieren wollte. Zahlungen konnten mit jedem handelsüblichen Handy getätigt werden, aber offenbar konnten die Betreiber nicht genügend Deutsche von den Vorteilen der Bezahlung via Handy überzeugen. 2003 wurde der Dienst in Deutschland eingestellt. In anderen Ländern, vor allem in Schwellen- und Entwicklungsländern, gibt es offenbar eine große Nachfrage nach einfachen Bezahlmethoden mit dem Handy. So berichtet der Spiegel, dass auf den Philippinen rund 3,5 Millionen Menschen die Zahlfunktion ihres Handys benutzen, in China gar acht Millionen. Der erst im März 2007 gestartete Dienst »M-Pesa« der kenianischen Vodafone-Beteiligung Safaricom hatte schon nach neun Monaten eine Million Nutzer gewonnen.
Doch für die Bezahlung von Kleinstbeträgen sind die einfachen Handybezahldienste mehr oder weniger alle ungeeignet, da die Transaktionskosten viel zu hoch sind. So nimmt Paybox derzeit in Österreich pro Transaktion zehn Cent, dazu kommt eine Umsatzbeteiligung von drei bis vier Prozent. Alle anderen im Internet etablierten Bezahldienste erheben neben der Umsatzbeteiligung Transaktionskosten von zehn bis 30 Cent.

So haben Verleger, die auf Bezahlmodelle setzen wollen, gleich mehrere Probleme. Die Hemmschwelle der Leser ist zu hoch, um spontan etwas zu bezahlen, und soll diese mit geringen Preisen gesenkt werden, machen die hohen Transaktionskosten Probleme. Um den Leser dazu zu bringen, eine »Bezahlwand« zu überwinden, reicht die Bandbreite der Angebote hinter der Wand nicht aus: Wenn man bei iTunes oder Amazon die Anmeldungsformalitäten einmal erledigt hat, steht einem dort beinahe das gesamten Musikrepertoire der Welt offen. Wenn man sich dagegen durch den Formulardschungel der FAZ-Anmeldeprozedur gequält hat, kann man ausschließlich FAZ-Artikel lesen.
Bezahlinhalte im Internet könnten darum eine Chance haben, wenn es gelänge, ein einfaches, günstiges und einheitliches Bezahlmodell zu etablieren, das den Zugriff auf ein breites Angebot erlaubt. Dazu müssten sich alle großen und kleinen Verleger zusammentun. Dass es dazu kommt, scheint allerdings mehr als unwahrscheinlich.