Die Aufgabenstellerin

Die Nation, die Bundesregierung, die FDP und Guido Westerwelle sind Erika Steinbach zu außerordentlichem Dank verpflichtet. Was hätte Westerwelle in den mehr als zwei Monaten, die er nun schon zur Regierung gehört, alles anrichten können! Gerade hat man es ja gesehen: Kaum beschäftigt sich der deutsche Außenminister mit anderen Dingen als Steinbach – zum Beispiel der geplanten Afghanistan-Konferenz –, schon blamiert er sich. Es ist allein die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, die ihn vor Schlimmerem bewahrt hat. Denn seit er das neue Amt bekleidet, musste er sich mit beinahe nichts anderem beschäftigen als mit der Frage, ob Steinbach einen Sitz im Rat der Bundesstiftung »Flucht, Vertreibung, Versöhnung« einnehmen darf oder nicht. Und als Widerpart von Steinbach, für die Polen auch nach der Wende noch offen war, macht er eine geradezu beeindruckend gute Figur. Er habe »dem Gedanken der Versöhnung und der Pflege gutnachbarschaftlicher Verhältnisse Rechnung zu tragen«, sagte er der FAZ, und das klingt doch wunderbar.
Damit er aufhört zu schmollen, weil die Afghanistan-Konferenz möglicherweise nicht nach seinen Vorstellungen ablaufen könnte, hat ihm Steinbach schon wieder eine neue Aufgabe gestellt: Er hat ihren »Kompromissplan« zu prüfen, mit dem sie der »Bevormundung unserer Opferorganisation« ein Ende bereiten will. Steinbachs »Weg der Antidiskriminierung und Vernunft« ist bestechend: Sie ist bereit, auf den Sitz im Stiftungsrat zu verzichten, wenn ihrem Verein künftig nie wieder jemand reinredet und er das »Erinnerungs- und Dokumentationszentrum zu Flucht und Vertreibung« quasi eigenständig auf Kosten des Bundes gestalten kann. So lesen sich zumindest die auf Spiegel online veröffentlichten Bedingungen Steinbachs.
Sie fordert unter anderem mehr Sitze im Stiftungsrat für ihre Organisation. »Arg wenig« seien drei Sitze für die 15 Millionen »deutschen Opfer von Flucht, Vertreibung, Vergewaltigung, Mord, Deportation und Zwangsarbeit«, für welche sie zu sprechen beansprucht. Schließlich sind die rund 600 Mitglieder des Deutschen Bundestags mit zwei Sitzen vertreten, und das ist doch eine schreiende Ungerechtigkeit. Auch könnte die Regierung künftig kein Veto mehr gegen Mitglieder des Stiftungsrats einlegen, falls Westerwelle sich mit Steinbachs Bedingungen einverstanden erklärt, um sich endlich anderen Dingen zu widmen. Aber das will doch niemand ernsthaft.