Die Partei hat immer recht

Die Taz sei noch immer eine Zeitung, die sich für Minderheiten stark macht, heißt es. Das mag sein. Doch dass das Blatt weit mehr bietet als Arbeitsplätze für Menschen mit mangelhaften Deutschkenntnissen und Rechtschreibschwäche, bewies es einmal mehr vergangene Woche mit vier Seiten zum dreißigjährigen Bestehen der Grünen: Auf einer Seite wird wortreich der radikale Opportunismus der Partei gelobt und begeistert die von ihr hinterlassene Schleimspur auf dem Weg zur Macht nachgezeichnet (»pragmatisch«, »schrieben Geschichte«, »Demokratisierung des Landes«, »trotz Regierungsbeteiligungen intakt« usw.). Danach folgt eine Seite Werbung für schwarz-grüne Koalitionen (»ungewöhnlich, wie das Bündnis schwer wiegende Probleme löst«, »regiert nahezu konfliktfrei«, »Ideenpartei«, »schnitten alte Zöpfe ab« usw.). Auf der dritten Seite liest man ein Interview mit dem Grünen-Politiker Ludger Volmer, dessen Antworten (»der Veränderungsanspruch der Grünen ist auf der Strecke geblieben«) kritischer sind als die Entgegnungen der Interviewer (»aber es läuft doch super«). Die vierte Seite enthält eine schmierige Lobhudelei auf grüne Frauenpolitik (»radikal und modern«). Bei der Lektüre gewinnt man den Eindruck, man habe eine Ausgabe des Neuen Deutschland aus dem Jahr 1976 vor sich, in welcher das dreißigjährige Bestehen der SED gefeiert wird. Überraschend ist die Schamlosigkeit, mit der diese Reklame als redaktioneller Inhalt präsentiert wird. »Fast alles, was das Land in den vergangenen zwei Jahrzehnten offener und lebenswerter gemacht hat, verbindet sich mit dieser Partei«, ist dort zu lesen. Wie ist dieser Satz zu verstehen? Heißt das nun, dass die Grünen mit Sozialabbau, Krieg und schlechtem Geschmack »das Land offener und lebenswerter gemacht« haben? Oder heißt es, dass es dem Autor in bewundernswerter Weise gelungen ist, eine nicht genau zu beziffernde Anzahl von Kriegsverbrechen und anderen Schurkereien in dem unscheinbaren Wörtchen »fast« unterzubringen? Ist ja wurscht.