Benedikt XVI. ist ein zutiefst deutscher Papst

Gottes Rottweiler

Papst Benedikt XVI. ist der Kettenhund des Herrn und außerdem deutsch bis auf die Knochen. Wer ihn verehrt, muss selbst ein Misanthrop sein.

Hannah Arendt sagte einmal, auch das vermeintlich »andere« Deutschland, das aus seiner Geschichte gelernt zu haben glaubt, sei »noch durch einen Abgrund von der zivilisierten Welt getrennt«. Wie recht sie auch in der Gegenwart hat, zeigte sich eindrucksvoll an den Reaktionen auf die Wahl von Joseph Alois Ratzinger zum Nachfolger von Karol Józef Wojtyla alias Johannes Paul II. im April 2005: Während hierzulande der katho­lische Klerus flächendeckend die Kirchenglocken läuten ließ und die Bild-Zeitung mit der euphorischen Schlagzeile »Wir sind Papst!« aufmachte, nannte die britische Presse den neuen Stellvertreter des Herrn auf Erden so bündig wie treffend »God’s Rottweiler«.
Seitdem ist kaum ein Tag vergangen, an dem Benedikt XVI. nicht demonstriert hat, dass er tatsächlich der beißwütige Kettenhund des Allmächtigen ist. Die Demokratie etwa hält er für eine »Kultur des Todes« und eine »Diktatur des Relativismus«; die Vernunft müsse unter die »Aufsicht der Religion« gestellt werden, fordert er – was nicht weniger bedeutet, als dass die Kirche das letzte Wort in weltlichen Angelegenheiten bekommen soll. Darin weiß er sich mit den Islamisten einig; Ratzingers Regensburger Rede, in der er gegen den Propheten Mohammed stänkerte, war nicht mehr als ein kleiner verbaler Bodycheck gegen die Konkurrenz, mit der er in den wesentlichen Punkten übereinstimmt – nicht zuletzt darin, dass die moderne Welt eine vollkommen gottlose ist und Homosexualität eine »objektive Ordnungsstörung im Aufbau der mensch­lichen Existenz«.
Dass der mittlerweile 82Jährige außerdem ein zutiefst deutscher Papst ist, hat er bei zahlreichen Gelegenheiten unter Beweis gestellt. Zu nennen ist hier vor allem sein Auftritt in der KZ-Gedenk­stätte Auschwitz-Birkenau Ende Mai 2006: Er sei ein »Kind des deutschen Volkes«, über das »eine Schar von Verbrechern mit lügnerischen Versprechungen« Macht gewonnen habe, »so dass unser Volk zum Instrument ihrer Wut des Zerstörens und des Herrschens gebraucht und missbraucht werden konnte«, sagte er in seiner Rede. Der Antisemitismus der Nazis knüpfte demzufolge zudem nicht etwa an den uralten christlichen Antijudaismus an, sondern sei eine Folge der nazistischen Gottlosigkeit gewesen und habe auch das Christentum und dessen Kirchen treffen sollen.
Ein glatter Freispruch des Papstes also sowohl für die Deutschen als auch für seinen eigenen Verein – und eine lupenreine Verdrehung von Tätern und Opfern just an dem Ort, der wie kein zweiter für das Menschheitsverbrechen der Shoah steht. Dass Ratzinger außerdem der antisemitischen Piusbruderschaft den Weg zurück in den Schoß seiner Kirche bereitet hat und die Seligsprechung seines Vorgängers Eugenio Pacelli alias Pius XII. plant, dessen Positionierung zu Nationalsozialismus und Judenvernichtung von – um es vorsichtig zu formulieren – äußerster Zurückhaltung gekennzeichnet war, ist angesichts dessen nur konsequent.
Und es ist Ausdruck einer regelrechten Verachtung für das Leben sowie eines »Defizits an Lebenshunger«, wie Alan Posener in seinem Buch »Benedikts Kreuzzug« befindet. Nicht einmal der junge Joseph Alois hatte eigenen Angaben zufolge so etwas wie einen Schwarm oder eine tiefe Freundschaft; er hat nie jemandem einen Streich gespielt und in seinem Leben vermutlich auch nie Sex gehabt. Wer so einen verehrt, muss selbst ein Misanthrop sein. Wir sind Papst? Gott sei Dank bin ich Atheist.