Gespräch mit Max Eberl über seine Ziele als Sportdirektor von Borussia Mönchengladbach

»Ich bin kein blutiger Anfänger«

Max Eberl ist Sportdirektor bei Borussia Mönchengladbach und in der Bundesliga der jüngste seiner Art. Der 36jährige ehemalige Fußballprofi spielte in 104 Erst- und 110 Zweitliga-Begegnungen für Bayern München, den VfL Bochum, die SpVgg Greuther Fürth und Borussia Mönchengladbach. Er galt mehr als Kämpfernatur denn als Feingeist und kassierte Zeit seiner Karriere so manche gelbe Karte, schoss jedoch kein einziges Bundesligator. Als Spieler war er einer von vielen, als Sportdirektor indes verdient er sich zusehends Anerkennung. Der Erfolg kommt nicht von ungefähr: Schon während seiner aktiven Laufbahn absolvierte er ein Fernstudium zum Sportfachwirt, danach leitete er vier Jahre lang die Jugendabteilung von Borussia Mönchengladbach, aus der unter anderem der spätere deutsche Nationalspieler Marko Marin hervorging. Nun ist Eberl seit rund 16 Monaten verantwortlich für die sportlichen Geschicke bei dem Club vom Niederrhein. Sein Ziel ist es, aus dem, was im Sportjargon gern »Kellerkind« genannt wird, eine etablierte Bundesliga-Mannschaft zu formen.

Haben Sie Angst vor einem Fehlstart?
Nein, sicher nicht. Gegen Bochum und Berlin konnten wir unser Leistungsniveau nicht erreichen, dann gewinnt man auch nicht. Wir haben eine gute Hinrunde gespielt. Nun ist nicht alles schlecht, nur weil wir ein paar Mal nicht gewonnen haben.
Aber wenn die Borussia nicht bald wieder punktet, sind Sie nah an den Abstiegsrängen.
Die Bundesliga ist ausgeglichen, da hat jede Mannschaft ständig Druck. Das gilt nicht nur für uns.
Bislang war es in dieser Saison ziemlich langweilig in Mönchengladbach: keine Trainer-Entlassung, keine Winter-Transfers und ein Platz im Mittelfeld der Tabelle.
Die erfolgreichsten Vereine sind jene, die am kontinuierlichsten arbeiten. Diesen Weg wollen auch wir gehen und eine solide Saison spielen. Schon im letzten Jahr haben wir mit einer überzeugenden Rückrunde die Basis gelegt. Auch die Entscheidung für Michael Frontzeck als neuen Trainer und die Transfers im Sommer haben gepasst. So konnten wir auch nach sechs Pflichtspiel-Niederlagen in Folge Ruhe bewahren und nun versuchen, frühzeitig nichts mit dem Abstieg zu tun zu haben.
Was ist denn das Schöne am derzeitigen Mittelmaß?
Vorletzte Saison sind wir aufgestiegen, letztes Jahr haben wir mit Ach und Krach die Klasse gehalten. Da ist es schon zufriedenstellend, im Mittelfeld der Tabelle zu stehen. Es war herrlich, einmal entspannt Weihnachten zu feiern.
Glauben Sie ernsthaft, dass sich das ambitioniert denkende Umfeld lange mit einem Platz im Mittelfeld zufrieden gibt?
Was würden Sie denn, angesichts der Lage der Borussia, als Ziel ausgeben? Man muss einen Schritt nach dem anderen machen und die Kirche im Dorf lassen. Als Nächstes wollen wir uns in der Bundesliga etablieren und unserer Mannschaft ein Gesicht verleihen. Das heißt, dass wir uns nur punktuell verstärken und nicht jedes Jahr Unmengen an Spielern ein- und verkaufen.
Sie sind erst seit 16 Monaten im Amt, haben aber bereits einige fulminante Transfers getätigt – Logan Bailly, Dante, Raul Bobadilla, Juan Arango und Marco Reus etwa.
Ich bin zwar noch nicht lange dabei, aber kein blutiger Anfänger. Zuvor habe ich vier Jahre lang die Jugendabteilung geleitet und dort viel Erfahrung gesammelt. Der Weg führt oft über die Jugendarbeit, in anderen Ländern ist das ein gängiger Einstieg. Denn in der Arbeitsweise ist vieles vergleichbar. Der größte Unterschied ist der Umgang mit der Öffentlichkeit. In meiner jetzigen Position ist man gläsern, alles wird bewertet und kommentiert.
Es gibt weder eine Ausbildung noch ein Studium zum Sportdirektor. Wie haben Sie den Berufseinstieg geschafft?
Ich habe in einem Fernstudium als Sportfachwirt das theoretische Wissen erlangt, das ich im Jugendbereich in die Praxis umsetzen konnte.
Gemeinsam mit Christian Nerlinger sind Sie der jüngste Sportdirektor der Liga. Begegnen Sie den erfahrenen Kollegen schon auf Augenhöhe?
Ob meine Kollegen mich für ein Greenhorn halten, kann ich nicht beurteilen. Ich kann nur beurteilen, was ich bei der Borussia erreiche. Erst kürzlich wurden wir von der DFL für unser Jugendleistungszentrum ausgezeichnet. Nicht so schlecht also.
Offenbar leisten Sie beachtliche Arbeit, stehen aber wenig im Fokus der Öffentlichkeit.
Wichtig ist, dass der Verein vorankommt, nicht, wie oft ich in den Medien bin. Schon als Spieler stand ich nur dann in der Öffentlichkeit, wenn ich mal meine Haare blondiert habe.
Was gehört zu den Aufgaben eines Sportdirektors?
Es geht um die sportliche Ausrichtung des Vereins. Dabei sind die Jugendarbeit, das Lizenzteam und die Scouting-Abteilung drei wesentliche Aspekte. Man erarbeitet eine Strategie, wie man den Verein zu neuen Ufern bringen will. Diesen Weg gebe ich vor und trage dafür die Verantwortung.
Zu Saisonbeginn haben Sie ein Handbuch an die Spieler verteilt. Darin erläutern Sie die Geschichte des Vereins und erklären, wieso die Partien gegen Köln und die Bayern besonders brisant sind. Warum haben Sie das gemacht?
Mir ging es darum, bei den Spielern eine Verbundenheit mit dem Verein aufzubauen. Sie sollen verstehen, bei welchem Club sie spielen. Früher waren die Profis nicht selten über zehn Jahre bei ein und demselben Verein. Aber das ist seit dem Bosman-Urteil passé.
Auf Ihr Geheiß duzt man sich bei der Borussia. Was bezwecken Sie damit?
Das ist keine große Sache. Ich wurde gefragt, ob mich Oliver Neuville, der ebenfalls 36 Jahre alt ist, nun siezen muss. Immerhin haben wir ja früher zusammengespielt.
Sie haben auch die Trainerlizenz. Was halten Sie davon, Trainer und Sportdirektor in Personalunion zu sein?
Ich finde es sinnvoll, die Aufgabengebiete zu trennen. Beide Jobs beinhalten mannigfaltige Aufgaben. Viele Trainer sagen ja auch, dass sie froh sind, täglich auf dem Platz zu sein. Die möchten sich nicht darum kümmern, das Trainingslager zu buchen oder Verträge auszuhandeln.