Eine Ausstellung über Schauplätze rechter Gewalt in Berlin

Topografie alltäglicher Gewalt

Die Ausstellung »Berliner Tatorte« zeigt die Schauplätze rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt.

Spielplätze, Plattenbauten, Parks, Imbissbuden. Auf den ersten Blick ist für den Betrachter der Fotos, die in der Wanderausstellung »Berliner Tatorte« zu sehen sind, nicht zu erkennen, dass all diese Orte eine Gemeinsamkeit haben: Sie wurden zu Tatorten rechtsextremer, rassistischer, antisemitischer oder homophober Gewalt. Auf den zumeist menschenleeren Fotos sind jedoch weder Hinweise auf die Taten noch Spuren des Verbrechens zu entdecken.
Eine Aufnahme zeigt die General-Pape-Straße in Berlin-Tempelhof. Dort wurde am 2. Juni 2008 ein 15jähriger Junge libanesischer Herkunft von zwei Männern in rassistischer Weise beschimpft, geschlagen und mit einem Messer attackiert. Während der Junge verletzt am Boden lag, konnten die Täter unerkannt in Richtung Südkreuz flüchten.
Bereits seit 2002 dokumentiert das Berliner Projekt »Reach Out – Opferberatung und Bildung gegen Rechtsextremismus, Antisemitismus und Rassismus« alle öffentlich bekannt gewordenen rechten Gewalttaten in einer Chronik. Seit 2005 arbeitet das Projekt zusammen mit dem Berliner Fotokünstler Jörg Möller an einer Bebilderung. Indem den Fotografien der Tatorte die Meldungen aus der Chronik gegenübergestellt werden, erhalten die Bilder einen informativ-dokumentarischen Charakter.
Ein Fußballplatz in Treptow. Am 26. September 2006 wurde er zum Schauplatz antisemitischer Hetze, als Spieler des jüdischen Fußballclubs TuS Makkabi von Fans der VSG Altglienicke zu einem Kreisliga-B-Spiel mit Rufen wie »Jude verrecke« und »Synagogen müssen brennen« empfangen wurden. Weil der Schiedsrichter nicht in der Lage war, dem Treiben ein Ende zu setzen, verließ die Makkabi-Mannschaft den Platz. Der Schiedsrichter erklärte anschließend, Verunglimpfungen wie »Wir bauen eine U-Bahn bis nach Auschwitz« nicht gehört zu haben.
Auf den Bildtafeln der Fotoausstellung sind nahezu alle Stadtteile Berlins zu sehen, westliche Bezirke wie Kreuzberg, Charlottenburg oder Schöneberg sind genauso dabei wie die Ostbezirke Lichtenberg und Marzahn. Auffällig sei, dass »besonders häufig Knotenpunkte, wie große S- und U-Bahnhöfe«, zu Tatorten werden, erzählt Sabine Seyb, Mitarbeiterin von Reach Out. Auf großen Plätzen, auf denen viel Bewegung herrscht, kommt es augenscheinlich besonders schnell zu Übergriffen.
Jörg Möllers dokumentarisch anmutende Schwarzweiß-Fotografien zeigen Straßen und Plätze in Berlin, an denen nichts bedrohlich wirkt und die dennoch für Migranten, Punks, Homosexuelle und all diejenigen, die nicht in das Weltbild der Rechtsradikalen passen, zur Falle wurden.

Bis 20. Februar im Projektraum »After the butcher«, ­Spittastr. 25, Berlin. Von 11. März bis zum 30. April in der Stadtbibliothek Spandau, Carl-Schurz-Str.13, Berlin.