Zwischen zwei Teppichen

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Von einem roten Teppich zu einem anderen zogen mit schwarz-roten Fahnen am Samstag etwa 400 bis 500 Anarchosyndikalisten der Freien Arbeiter Union (FAU) durch Berlin. Deren Berliner Ortsgruppe war im Dezember nach einem Arbeitskampf der Belegschaft des Kinos Babylon Mitte auf Betreiben der Kino-Betreiber per einstweiliger Verfügung das Recht aberkannt worden, sich als Gewerkschaft zu bezeichnen und zum Boykott des Kinos aufzurufen (Jungle World 51/2009 und 01/2010). Inzwischen hat das Landesarbeitsgericht Berlin das Verbot bestätigt.
Los ging es am Potsdamer Platz, wo gerade die Abschlussgala der Berlinale stattfand, Endpunkt der Demonstration war das Kino Babylon, das ebenfalls Teil der Berlinale war und deshalb auch einen, wenn auch sehr kurzen, roten Teppich vorzuweisen hatte. Man hätte meinen können, das Motto »Recht auf Gewerkschaftsfreiheit verteidigen« würde mehr Linke auf die Straße bringen, statt der paar von überall her angereisten FAU-Aktivisten – zumal Gewerkschaftsverbote in Deutschland eine ganz besondere Geschichte haben.
Doch vermutlich deshalb, weil die Geschäftsführer, die beantragt hatten, gegen die FAU »ein empfindliches Ordnungsgeld in angemessener Höhe oder Ordnungshaft zu vollstrecken«, sollte sie weiter als Gewerkschaft auftreten, selber Linke sind, nämlich welche aus einem traditionslinken Milieu mit guten Kontakten zur Linkspartei, zu Verdi und anderen Seilschaften, fällt die Solidarisierung mit der Belegschaft und der nunmehr von staatlicher Verfolgung bedrohten Anarcho-Gewerkschaft gering aus.
Aus dem Lautsprecherwagen tönte während der Demo – neben reichlich weiterem Klassenkampfpathos – auch Billy Braggs »There is Power in a Union«. Bragg war vor einem Jahr im Babylon bei einer Nachfolgeveranstaltung des aus der DDR stammenden »Festivals des politischen Liedes« aufgetreten und hatte denselben Song der Belegschaft gewidmet. Immerhin einer, der sich solidarisierte.