Milde Urteile gegen Nazis im Pölchow-Prozess

Lizenz zum Schlägern

Die milden Urteile im Pölchow-Prozess dürften rechtsextreme Gewalttäter weiter ermutigen.

Am Dienstag voriger Woche verließ Michael Grewe das Rostocker Landgericht mit einen breiten Lächeln. Dennis Franke sah ebenso zufrieden aus. Die Rechtsextremen sind nachweislich am 30. Juni 2007 an einem äußerst brutalen Übergriff in Pölchow (Mecklenburg-Vorpommern) beteiligt gewesen. »Ich dachte, das überlebe ich nicht«, sagte Klaus Maier (Namen aller Opfer geändert), der aus einer Gruppe von rund 100 Rechtsextremen am Bahnhof angegriffen worden war. Dennoch verurteilte am 16. März das Gericht Grewe und Franke nur zu Bewährungsstrafen von einem Jahr und fünf Monaten bzw. einem Jahr. Ein weiterer Angeklagter, Stefan V., wurde gleich ganz freigesprochen.
Maier befand sich an jenem Junitag mit einer Gruppe von etwa 50 jungen Erwachsenen in der Bahn auf dem Weg nach Rostock. Sie hatten vor, sich an einer Demonstration gegen die NPD zu beteiligen. Mit dem Zug waren aber auch Rechtsextreme unterwegs, die zu dem NPD-Marsch wollten. Nach einer verbalen Auseinandersetzung drangen die NPD-Anhänger in den Waggon ein und schlugen auf links aussehende Reisende ein. »Jeder wurde von Nazis brutal geschlagen und dann in die Nazi-Gruppe vor dem Zug geschubst. Die droschen weiter auf die Leute ein«, berichtete Stefan Schmidt. Eine unter Schock stehende Schülerin erzählte: »Die filmten das auch.« Die milden Urteile verdanken die Rechtsextremen vor allem den besonderen Ermittlungsumständen. Denn nicht gegen die Täter, sondern gegen die Opfer wurde zunächst ermittelt, hatte doch der NPD-Funktionär Udo Pastörs der Polizei versichert, die Rechten seien zu einer »beherzten Gegenwehr« genötigt gewesen. Gesagt, geglaubt. Erst nach über einem Jahr musste die Staatsanwaltschaft diese Verfahren einstellen. Hatte sie da ebenfalls schon gegen rechts ermittelt? Am Tag des Übergriffs hatte die Polizei jedenfalls keine Kameras der Rechten beschlagnahmt. Obwohl Grewe noch im selben Jahr durch Aussagen schwer belastet wurde, begann die Polizei erst 2008, nach ihm zu fahnden, wobei sie ihn als »aus dem Bundesgebiet zugereisten Veranstaltungsteilnehmer« bezeichnete. Dies wunderte nicht nur Rechtsextremismusexperten, ist Grewe doch einschlägig vorbestraft, sitzt für die NPD in einer Kommunalvertretung und ist in der NPD-Fraktion in Schwerin angestellt.
In dem Prozess spiegelt sich wider, wovor Felix Herzog, Professor für Strafrecht in Bremen, gewarnt hat: Die Fehler der ersten Ermittlungen könnten das spätere Verfahren behindern. Tim Bleis von der Opferberatung »Lobbi« zufolge haben die Ermittlungen dazu geführt, »dass für die weiteren Schläger die Gewalttaten folgenlos bleiben«. Dass die Urteile rechtsextreme Gewalttäter weiter ermutigen dürften, konnte schon kurz nach der Urteilsverkündung festgestellt werden. Im Foyer griffen Rechtsextreme Zuschauer an, die die Opfer nicht alleine lassen wollten.