Der Ring Nationaler Frauen entdeckt den Postfeminismus

Burnout bei Nazissen

Nach internen Konflikten will die NPD-Frauenorganisation, der Ring Nationaler Frauen, mit ihrer neuen Vorsitzenden Edda Schmidt ihr »postfeministisches« Profil schärfen.

Das vergangene Jahr brachte für den Ring Nationaler Frauen (RNF) einige Turbulenzen mit sich. Nachdem die Landesvorsitzende des RNF Berlin, Gesine Hennrich, zu Beginn des Jahres beim NPD-Landesvorsitzenden Jörg Hähnel aufgrund ihres guten Verhältnisses zu einem seiner parteiinternen Kontrahenten in Misskredit geraten war, wurde sie dazu gedrängt, ihre Ämter niederzulegen. Infolge ihres Rücktritts distanzierte sich der RNF nachdrücklich von ihr. Auch auf Bundesebene kam es zu Differenzen, nachdem die Bundesvorsitzende Gitta Schüßler öffentlich Kritik an der Personalpolitik der »Männersekte« NPD geübt hatte. Es sei ein »innerparteilicher Skandal«, dass die NPD-Kandidatinnen Franziska Vorpahl und Marianne Pastörs nach den Kommunalwahlen 2009 in Mecklenburg-Vorpommern ihre errungenen Mandate männlichen Funktionären überlassen haben. Die so in die Kommunalparlamente gelangten NPD-Politiker David Petereit und Stefan Köster seien »Pöstchenhascher«, monierte Schüßler, wofür sie aus den Reihen des RNF kritisiert wurde. Bei Schüßlers Äußerungen handele es sich um »persönliche feministische Ansichten«, urteilte die RNF-Pressesprecherin Stella Hähnel und sorgte mit einem Misstrauensantrag im Juli 2009 für den Sturz der bisherigen Vorsitzenden und Mitbegründerin des RNF.

Mit einer neuen Vorsitzenden sollten der Verband wieder auf die Linie der Bundes-NPD gebracht und die Streitigkeiten beigelegt werden. Diese Aufgabe wurde der einzigen Kandidatin für den Posten, Edda Schmidt, zuteil, die bei ihrer Wahl rund 80 Prozent der Stimmen erhielt. Nach eigenen Aussagen möchte sie »einen Schlussstrich unter die Zwistigkeiten dieses Jahres ziehen, damit wir mit voller Kraft arbeiten und nach vorn schauen können«. Auch wenn die 61jährige nicht dem Bild der »modernen national denkenden Frau« entspricht, hat der RNF mit ihr eine Vorsitzende gefunden, die sich als Identifikationsfigur für die verschiedenen Spektren rechtsextremer Frauen anbietet. Die vierfache Mutter war einst die jüngste Pflegestättenleiterin des »Deutschen Kulturwerks europäischen Geistes« und als sogenannte Gaumädelführerin in leitender Position in der 1994 verbotenen Wiking-Jugend aktiv. Nachdem sie Vorsitzende des NPD-Kreisverbandes Zollernalb geworden war, rückte sie in den Landesvorstand der NPD in Baden Württemberg auf, wo sie seit fast zehn Jahren für die Bereiche »Kultur, Brauchtum und Frauen« verantwortlich ist. Sie kandidierte zudem bei den Landtagswahlen 2006 als Direktkandidatin und belegte den zweiten Platz auf der Liste bei der letzten Bundestagswahl.
Schmidt liegt nicht nur auf der Linie der Bundespartei, wegen ihres Werdegangs wird sie auch von vielen rechtsextremen Frauen außerhalb der Partei akzeptiert, die eine zahlenmäßig nicht zu verachtende Zielgruppe darstellen. Schmidt möchte nun die Zusammenarbeit mit anderen rechten Frauengruppen und -organisationen jenseits der Partei fördern. Zu diesem Zweck soll noch in diesem Frühjahr ein gemeinsames Treffen stattfinden. Der gewünschte Nebeneffekt dieser Initiative des RNF dürfte dabei sein, neue Anhängerinnen zu gewinnen. Denn trotz offensiver Werbung ist es der Organisation seit ihrer Gründung im Oktober 2006 nicht gelungen, ihre Mitgliederzahl zu steigern. Im letzten Rechenschaftsbericht des RNF ist die Rede von vier Landesverbänden und elf Regionalgruppen mit insgesamt knapp 100 Mitgliedern.

Obwohl der RNF eher eine Kader- als eine Massenorganisation sein will, kommt er mit dem knappen Personal offenbar nicht aus. Die Aktivitäten des RNF beschränken sich meist nur auf die Regionen, in denen seine Funktionärinnen zuhause sind. Diese Umstände haben inzwischen dazu geführt, dass die Aktiven sich anscheinend überlastet fühlen, wie im Falle der Multifunktionärin Ricarda Riefling aus dem niedersächsischen Coppengrave. Mittlerweile ist sie von ihrem Posten als Regionalleiterin zurückgetreten. Die 27jährige Frau bekleidet Ämter in der NPD, im Bundesvorstand des RNF sowie der Gemeinschaft Deutscher Frauen (GDF) und fällt bei Aufmärschen der extremen Rechten immer wieder durch Hetzreden auf. Unter der Überschrift »Der RNF in Südniedersachsen startet durch« gab sie im vergangenen Herbst die Umbenennung ihrer Regionalgruppe von »Hannover Land« in »Süd-Niedersachsen« bekannt. Wie es offiziell heißt, soll es damit gelingen, »die regionale Arbeit großflächig abzudecken«. Gleichzeitig wurde ihre Nachfolgerin vorgestellt.
Abhilfe soll nun die 23jährige Nadine Grosenick schaffen, die nun die neue Regionalgruppe leitet und die »Frauen hier vor Ort« anführt. Mit ihrem Lebensgefährten, dem neuen Vorsitzenden des NPD-Unterbezirks Göttingen, bildet sie in der Region eine Doppelspitze, die sich an der Reorganisierung der Neonazi-Szene mit einem größeren Anteil von Frauen versucht.

Beobachter befürchten vor allem Auswirkungen auf die Kommunalwahlen in Niedersachsen im kommenden Jahr. Denn bei ihrem Versuch, stärker in die gesellschaftliche Mitte zu rücken, bedient sich die NPD in letzter Zeit verstärkt ihrer weiblichen Mitglieder. Inzwischen sind rund 30 Prozent der rund 7 000 Parteimitglieder Frauen, die das Image der NPD weichspülen und für eine stärkere Akzeptanz sorgen könnten. Der wachsende Frauenanteil ist ein allgemeines Phänomen in der rechtsextremen Szene. Die Sozialwissenschaftlerin Michaela Köttig spricht dabei von einer neuen Generation von Frauen, die sich nicht mehr mit einer passiven Rolle zufrieden geben, sondern – in klar abgesteckten Rollen – einen politischen Beitrag leisten wollen.
Durch ihre Basisarbeit in gesellschaftlich als »weiblich« definierten Berufen und durch die Übernahme ehrenamtlicher Tätigkeiten widmen sie sich der nächsten Generation. Ihr »postfeministisches Frauenbild der Nationalen« steht dabei ganz im Einklang mit der Meinung der NPD zur Frauenemanzipation, wie sie der Fraktionschef der Partei im mecklenburg-vorpommerschen Landtag formulierte: »Verbiegen wir Männer und Frauen – sie nennen es Emanzipation –, töten wir aber in den Frauen ein Stück ihrer Weiblichkeit und blockieren bei den Männern die Entfaltung ihrer Männlichkeit.«