Es ist antiamerikanisch!

»Ich kann vielen Leuten nicht sagen, dass ich keine Papiere habe, nicht mal meinen Freunden«, sagt einer der Demonstranten in Los Angeles am Samstag. Seinen Namen will er aus verständlichen Gründen nicht nennen. »Es ist traurig, wenn deine Herkunft dich so stark ausgrenzt.« Und so wie ihm geht es vielen. Hunderttausende Demonstranten gingen deshalb am 1. Mai in den USA für eine Reform der Einwanderungsgesetze auf die Straßen. Allein in Los Angeles, wo die größte Demonstration des Landes stattfand, waren es nach amtlichen Angaben um die 60 000 Menschen, die im Sonnenschein mit Spruchbannern und amerikanischen Flaggen gegen ein neues Anti-Immigrations-Gesetz des US-Bundesstaats Arizona demonstrierten, wo Schätzungen zufolge fast eine halbe Million nicht dokumentierter, also illegalisierter Einwanderer leben. Das Gesetz ermöglicht es der Polizei, bei Routinestopps nach Einwanderungspapieren zu fragen – wer keine hat, kann verhaftet und bestraft werden.
Nicht nur bei den Betroffenen selbst regt sich Widerstand gegen das rassistische Gesetz. »Es ist längst überfällig, unsere veralteten und wirkungslosen Einwanderungsgesetze zu überholen«, sagte Bürgermeister Antonio Villaraigosa in einer Ansprache auf Englisch und Spanisch, »dieses Gesetz richtet sich nicht nur gegen Einwanderer, es ist antiamerikanisch.« Zusammen mit zwei Stadträten rief er zum Boykott von Arizona auf. »Mit dem Gesetz schaden sie sich nur selbst«, so die Demonstrantin Claudia Guillen, eine Psychologiestudentin. Auch Kardinal Roger Mahoney, der Erzbischof der Diözese Los Angeles, war mit von der Partie. Auf Spanisch rief er der Menge Barack Obamas alten Wahlslogan zu: »Si, se puede« – »Yes, we can.« Die Obama-Regierung kritisierte das Gesetz, scheint jedoch unschlüssig, wie sie darauf reagieren soll. Nach einer Umfrage der New York Times unterstützt eine knappe Mehrheit der Amerikaner das Gesetz – und das, obwohl die Befragten dabei mehrheitlich der Aussage zustimmen, dass das Gesetz zu racial profiling führen könne.