Small Talk

»Bin ich in Australien?«

Überall in Deutschland wird die Fußball-WM der Männer gezeigt. In den Städten wurden Großbildleinwände aufgebaut, in den Dörfern die Fernseher nach draußen gestellt. Das größte »Public Viewing« der Republik findet in Berlin statt – zunächst am Olympiastadion und ab dem 23. Juni dann auf der Fanmeile am Brandenburger Tor. Wir haben den Veranstalter der Ber­liner Fanmeile, Gerald Ponesky von der »Compact Team GmbH«, gefragt, wie dort die Stimmung am ersten WM-Wochenende war.

Wie war das erste Fanfest-Wochenende am Olympiastadion?
Es fing ganz langsam an und man hat sich größte Sorgen gemacht, ob der Virus von 2006 und 2008, auf den alle gehofft haben, in den Leuten vielleicht doch nicht mehr vorhanden ist, und dann kam gestern der Staudammbruch.
Wie viele kamen denn am Sonntagabend zum Deutschlandspiel?
Weit über 30 000. Der Platz ist ja so noch nie gezählt worden. Der hat in seiner langen Geschichte noch nie so viel Menschen, Euphorie und Lebensfreude auf einmal gehabt. Es war sensationell.
Was hatte es mit dem 100 Meter langen Schal auf sich?
Das war eine ganz tolle Aktion von der Online-Plattform »DaWanda«. Die haben einen Fan-Schal stricken lassen, so richtig mit Wolle, in Schwarz-Weiß-Rot – äh – Schwarz-Rot-Gold. Der ist über drei Meter breit gewesen und 100 Meter lang und den haben wir über den Fans ausgelegt, die haben ihn über die Köpfe weitergereicht. Das war ein traumhaftes Bild, sensationell.
Warum eigentlich Schwarz-Rot-Gold?
Diese Frage meinen sie nicht ernst, oder?
Naja, Australien hat ja auch gespielt …
Bin ich in Australien? Die Frage stellt sich doch gar nicht. Wir sind doch nicht Australier. Wir sind Deutsche.
Aber es kommen ja auch immer noch ein paar andere Fans.
Na klar, die sind doch auch herzlich willkommen. Das macht ja gerade die Party aus. Aber wir sind Deutsche und unterstützen unsere deutsche Mannschaft. Und wenn ein Fan-Schal Ausdruck von Daumendrücken ist, dann kann er doch nur diese Farben haben. Welche Farbe soll es denn sonst sein? Sie werden wohl schon mal bemerkt haben, wie viele Menschen sich vorher nie getraut haben, die Nationalhymne am Spieltag zu singen. Jetzt singen sie sie mit frohem Herzen und nicht, weil irgendein Idiot es ihnen gesagt hätte.
Waren denn auch Australier da?
Ja, wir hatten welche da. Die standen auch ganz vorne. Sie waren auch mit ihren Fahnen und Symbolen da, z.B. mit einem Känguru, und sie hatten sich genauso die Gesichter angemalt wie die Deutschen. Das ist gelebtes Miteinander. Da bin ich mir ganz sicher.