Gegen die Luftverkehrsabgabe. Für Billigflüge

Nur billig fliegen ist schöner

Die Luftverkehrsabgabe wird das Billigfliegen teurer machen. Das ist unsozial.
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Fliegen zu können, ist ein Menschheitstraum, einer, den die Menschheit sich erfüllt hat. Es hat vieler Anläufe bedurft, im wörtlichsten Sinne, aber die Zivilisation, der Fortschritt triumphierte schließlich, der Mensch erhob sich erst stolpernd, dann immer prachtvoller in die Lüfte und beherrschte fortan alle vier Elemente. Wenn wir hier »der Mensch« sagen, ist das jedoch nur teilweise richtig. Denn nur bestimmte – reiche – Menschen flogen zunächst. Eine einfache Ozeanüberquerung im Zeppelin »Hindenburg« kostete unvorstellbare 1 000 Reichsmark. Die dreimotorige Ju 52 bot nur 17 Passagieren Platz, die Douglas DC 3 hatte auch nur 36 Sitze. Dann kamen Jahre, in denen Flugzeuge vor allem Bomben und Soldaten transportierten, die Douglas DC 3 wurde zum Rosinenbomber umgebaut.

Nach dem großen Krieg folgte eine Zeit, da schnürte man pünktlich zum Beginn der Sommerferien das umfangreiche Campingzubehör aufs Autodach, und der Papa steuerte, dem Kinderquengeln auf der Rückbank stoisch trotzend, das Wirtschaftswundergefährt durch kilometerlange Staus über die sommerlich glühenden Alpen ans Mittelmeer. Dann kam das Jahr 1963 und das Fliegen wurde erfunden, zum zweiten Mal. Nämlich als Neckermann auf Mallorca den Pauschaltourismus etablierte. Plötzlich war das Flugzeug ein Transportmittel nicht nur für Reiche und Soldaten.
Selbst Fernreisen wurden irgendwann bezahlbar, Rentner flogen nach Ägypten, Hippies nach Indien, Hertie-Verkäuferinnen nach Rio und Linke nach Nicaragua. Und dennoch: Von Bietigheim nach West-Berlin wurde weiterhin getrampt, oder man fuhr Auto und Bahn – beides heute kaum noch bezahlbar. Bis dann 1991 das Fliegen zum dritten Mal erfunden wurde, als Ryanair das Billigflug-Konzept der US-Fluggesellschaft South-west Airlines auch in Europa durchsetzte. Seitdem sind hinsichtlich der Flugreisen fast alle Klassenschranken gefallen: Für 19,99 Euro nach Thessa­loniki, für 20 Euro nach Venedig, für 40 Euro nach Malaga, für 234 Euro nach New York. Mit ein wenig Glück kann man einen Flug Berlin – Düsseldorf für zwei Euro bekommen.
Dies hat nicht nur dazu geführt, dass sich fast jede und jeder heute einen Trip ins Aus-, Saar- oder Sauerland leisten kann, auch Arbeitslose und Studenten, auch Malocher übers Wochen­ende, sondern auch dazu, dass eine Szene von Easy­jetsettern zwischen Barcelona und London, New York und Istanbul, Paris und Amsterdam, Hongkong und Beirut die Welt mit jedem Wochenende ein bisschen kosmopolitischer macht. Und dazu, dass aus ehemaligen Militärflughäfen zivile Airports wurden.

Gerade Linke müssten die Billigfliegerei also als Herzensangelegenheit betrachten. Aber das Gegenteil ist der Fall! Da beschließt die Bundesregierung ein sogenanntes Sparpaket, und von Linken hört man Dinge wie: Das einzig Gute an dem Sparpaket sei die Luftverkehrsabgabe. Die wurde von Grünen und anderen schließlich lange Jahre gefordert.
Früher galt Schwarzfahren als revolutionär, das Recht auf Mobilität war ein zentrales Anliegen, hohe Fahrpreise bei Bus und Bahn wurden kritisiert, die Einführung des Abgas-Katalysators galt als Instrument des Klassenfeindes, um unsere buntbemalten VW-Busse und die anderen beu­ligen Hippiemobile, mit denen wir die Straßen unsicher machten, aus dem Verkehr zu ziehen.
Das alles scheint heute nicht mehr zu zählen. Der Umwelt wegen. Heißt es. Oder wegen des Klimas. So genau kann das kaum jemand sagen. Auf jeden Fall ist Fliegen politisch nicht korrekt und billig zu fliegen noch viel weniger. Wenn nur ein paar Manager durch die Welt jetten, ist das dem Linken von heute lieber, weil dann weniger Abgase entstehen.
Die geplante Flugticketabgabe sei sogar noch viel zu niedrig, kritisieren die Grünen den Koalitionsentwurf. So könne »von einer wirklichen Ökologisierung des Luftverkehrs keine Rede sein«. Sprich: Je teurer, desto ökologischer sei der Luftverkehr. Und das stimmt, denn je teurer er ist, desto weniger wird geflogen. Flugzeuge mit nur noch 17 Sitzplätzen zu bauen, wird der nächste Vorschlag sein, dann Zeppeline, mit einem Flugpreis von 10 000 Euro, schließlich wird nur noch gelaufen, in der Folge der aufrechte Gang eingestellt, der nächste Schritt ist das Kriechen – und zwar zurück ins Meer. Als Einzeller schließlich werden wir eines Nachts aufwachen aus einem ganz irren Traum, in dem wir wie ein Vogel fliegen konnten. Wahnsinn!