Für die Luftverkehrsabgabe. Für den Klimaschutz

Ökologischer in die Luft gehen

Die Luftverkehrsabgabe ist ein richtiger Schritt, die Einnahmen dürfen aber nicht zum Abbau der Neuverschuldung benutzt werden.

Der Luftverkehr wächst – unbeschadet temporärer Einbrüche durch Krisen oder Vulkanausbrüche – weit schneller als jeder andere Wirtschaftszweig. Prognostiziert wird eine Verdreifachung des Luftverkehrs bis 2050. Mit dem Luftverkehr wächst auch die Belastung für das Klima. Beispielsweise haben die auf den internationalen Flugverkehr zurückgehenden Treibhausgasemissionen in der EU seit 1990 um 87 Prozent zugenommen. Die EU ist verantwortlich für ungefähr 50 Prozent aller CO2-Emissionen aus der internationalen Luftfahrt der Industrieländer. Wenn dieser Trend ungebrochen anhält, werden sämt­liche CO2-Einsparungen im Straßenverkehr, der Wirtschaft, der Energiewirtschaft und den Haushalten aufgezehrt.
Für die Klimawirksamkeit der Emissionen des Luftverkehrs sind – im Unterschied zum Straßenverkehr – nicht nur CO2 und Wasserdampf entscheidend, sondern auch andere Triebwerksabgase. Wasserdampf und Abgase aus den Flugzeugen führen in großen Höhen zu den von der Erde aus sichtbaren Kondensstreifen. Sie tragen zur Bildung von Cirruswolken bei, die den Erwärmungseffekt vermutlich ganz erheblich verstärken. Während der weltweite Anteil des Flugverkehrs am CO2-Ausstoß lediglich drei bis fünf Prozent beträgt, ist der Klimaeffekt mindestens doppelt so groß. Daher ist es zwingend notwendig, den Luftverkehr in das internationale Klimaschutzregime einzubinden. Die EU hat mit der Einbeziehung in den Emissionshandel ab 2012 einen ersten wichtigen Schritt getan. Gleichwohl haben wir Grünen uns ambitioniertere Regelungen gewünscht.

Die Flugticketabgabe war anfangs ein entwick­lungspolitisch motiviertes Projekt. Die Einnahmen sollten in die Entwicklungszusammenarbeit fließen. Deutschland hat sich international verpflichtet, im Jahre 2010 zumindest 0,51 Prozent seines Bruttonationaleinkommens für Öffentliche Entwicklungszusammenarbeit aufzuwenden. Dieses Ziel hat die Koalition deutlich verfehlt, der Fehlbetrag beläuft sich auf rund 2,2 Mil­liarden Euro. Die Einnahmen aus der angekündigten Luftverkehrsabgabe könnten dazu beitragen, dass Deutschland seine internationalen Verpflichtungen erfüllt. Die Koalition hat aber anderes vor: Die auf eine Milliarde Euro geschätzten Einnahmen sollen komplett an den ­Finanzminister gehen, zum Abbau der Neuverschuldung .
Selbstverständlich begrüßen wir Grünen die Einführung einer Flugticketabgabe, allerdings anders. Sie ist ein Baustein auf dem Weg zur Ökologisierung des Luftverkehrs. Angesichts der zahlreichen Belastungen von Mensch und Umwelt sind Steuerbefreiungen wie des Kerosins von der Mineralölsteuer nicht zu rechtfertigen. Der Luftverkehr zahlt darüber hinaus keine Mehrwertsteuer auf Auslandsflüge. Der Verzicht auf »Kostenwahrheit« kostet jährlich nahezu fünf Milliarden Euro. Zwar sehen jetzt Luftverkehrs- und Tourismuswirtschaft ihre Branchen unter der steigenden Abgabenlast zusammenbrechen. Aber wir meinen, mit der geplanten einen Milliarde Euro pro Jahr kommt die Branche noch gut weg.

Die Bundesregierung muss jetzt rasch einen praktikablen Vorschlag entwickeln, der sich an folgenden ökologischen Kriterien orientiert: Wichtig ist eine Staffelung nach Streckenlänge (Kurzstrecken/Inland, Mittelstrecken/EU-weit und Langstrecken/Internationale Flüge) und darüber hinaus nach Ticketklassen (Economy, Business Class, First Class). Eine höhere Belastung für die oberen Klassen ist nicht nur sozial gerecht, sondern auch ökologisch gerechtfertigt. Schließlich ist der Verbrauch eines First-Class-Passagiers mit entsprechendem Platz und Luxus weit höher als ­jener in der Economy Class.
Die Mehreinnahmen dürfen nicht, wie geplant, ausschließlich in den allgemeinen Haushalt fließen. Wir schlagen vor, dass ein Großteil des Aufkommens in Klimaschutzmaßnahmen in Entwicklungsländern gesteckt wird, ein weiterer Teil soll der Förderung und Entwicklung von klimaschonenden Flugtechniken dienen. Es kommt darauf an, jetzt die richtigen Rahmenbedingungen für einen Flugverkehr von morgen zu setzen. Mehr »Kostenwahrheit« und die Internalisierung externer Effekte des Luftverkehrs durch ordnungs- und finanzpolitische Maßnahmen gehören genauso dazu wie Forschung und Entwicklung für effizientes, leises und emissionsarmes Fluggerät.
Das Argument, die Luftverkehrsabgabe würde das Fliegen nur noch Reichen gestatten, halten wir für falsch. Wer sich einmal im Jahr einen Flug nach Mallorca leisten kann, wird auch beispielsweise acht Euro mehr aufbringen. Auch Billigflieger sind nicht per se klimaschädlicher als Linienflieger. Aufgrund der sehr modernen Flotte und einer höheren Auslastung sind die CO2-Werte pro transportiertem Personen-Kilometer oft sogar geringer. Es nützt dem Klima aber wenig, wenn aufgrund niedriger Ticketpreise mehr und unsinnig (»zum Schuhe kaufen am Wochenende nach Rom«) geflogen wird. Die Alternative: kostengünstige und klimafreundliche Bus- und Bahnreisen!

Der Autor ist verkehrspolitischer Sprecher der Grünen und Vorsitzender des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung im Deutschen Bundestag.