Schwarz-Gelb war schlimmer, als Schwarz-Gelb ist

Angesichts der Kapriolen des Klassenclowns Guido Westerwelle mag der einen oder dem anderen der ehemalige, inzwischen verstorbene FDP-Vorsitzende Otto Graf Lambsdorff wie ein zutiefst respektabler Mensch erscheinen, und selbst Helmut Kohl bekommt ja inzwischen von einigen Linken Applaus. Doch man muss, wenn man seiner Erinnerung mit Dokumenten auf die Sprünge hilft, leider feststellen, dass jenes Schwarz-Gelb, das 16 Jahre lang Kohl ermöglichte, nicht besser war als das heutige, es konnte nur weniger durchsetzen.
Das berühmte Lambsdorff-Papier, das der FDP 1982 den Bruch der sozialliberalen Koalition ermöglichte, forderte Einsparungen in allen sozialen Bereichen, so etwa die »ersatzlose Streichung, mindestens aber mehrjährige Aussetzung« des Mutterschaftsurlaubgeldes und auch die »Streichung des Schüler-Bafög«. Und dieses Arbeitspapier war dann auch tatsächlich die Grundlage der Politik unter Helmut Kohl. Zudem wurde mit der Kampagne gegen das »Aussterben« der Deutschen an den rassistischen Mob appelliert, »Leistung« musste sich »wieder lohnen«, und so weiter. Das, was Westerwelle so daherplappert, wurde damals mithilfe der »geistig-moralischen Wende« in der bürgerlich-kapitalistische Ideologie verankert.
Nur schreckte Kohl vor dem »Thatcherism« zurück, auch war die allgemeine Wirtschaftslage verglichen mit der derzeitigen rosig. Nach 1990 wusste die Regierung Kohl, dass sie mit einer zu harten Elitenpolitik die Neubundesbürger vielleicht doch noch zu einer echten Revolution hätte anstiften können.
Nun aber, da der entfesselte Kapitalismus mit Waffen wie Stefan Raab und Spiegel online wirklich jeden Staatsbürger langfristig verblödet hat – und zur »geistig-moralischen Wende« gehörte stets auch eine ausgefeilte Medienpolitik –, glauben selbst kritische Geister, dass unter Kohl alles besser wäre. Deutsche Kälber lieben eben ihre Schlächter.