Über den Film »Predators«

Dschungelcamp auf Großleinwand

Im dritten Teil der »Predator«-Saga, die 1987 mit Arnold Schwarzenegger begann, bekommt das Monster es mit Adrien Brody zu tun.

Predators« lautet der Titel eines neuen Films, bei dem Nimrod Antal Regie geführt hat und der von Robert Rodriguez produziert wurde. Die zweite Personalie ist die interessantere, ist doch Rodriguez wie sein Kollege Quentin Tarantino dafür verantwortlich, dass sich das Kino in eine Hölle der flachen Filmzitate verwandelt hat, von der man sich in Jahrzehnten nicht erholen wird.
Um Rodriguez, der zunächst das Ballergenre mit Filmen wie »Desperado« oder »El Mariachi« aufgemischt hat, war es nicht gerade still geworden, aber es war auch nicht besonders laut. »Spy Kids« und »Sin City« hießen die letzten Würfe, und ein wunderliches »Grindhouse«-Doppelfilmprogramm mit Tarantino gab es.
Nun hat Rodriguez einen jener filmischen Widergänger überarbeitet, der nach all den Jahren B-Film-Qualität doch mal einen schönen und teuren Science-Fiction-Film verdient hätte: den Dreadlock-Weltraumkiller »Predator«.
Hier handelt es sich um eine filmische Herausforderung, denn das Viech ist zumeist unsichtbar. Dies in Szene zu setzen, kann ja durchaus reizvoll sein. Das Hauptproblem aber dürfte sein, dass ein auf Bilder angewiesenes Medium wie der Film in der Regel darauf setzt, dass die Dinge, um die es geht, zu sehen sind. Auch für das Publikum dürfte die Leerstelle ein nicht unerheblicher Nachteil sein. Oft hat aber gerade das Unsichtbare nicht wenig Anteil an der Entstehung filmischer Spannung: Die Highschool-Jugendlichen kommen ahnungslos vom Eissalon zurück und denken an nichts Böses, da stehen hinter der nächsten Ecke schon Transformers, Riesenameisen, Tarantula oder anderes Film­gemüse aus der Hexenküche. Und wirkt nicht »Alien« viel drastischer, wenn es unerkannt in der Speisekammer lauert?
Der Filmregie sind diese reinen Überraschungseffekte aber schon mehr als einmal langweilig geworden. Sie ersann Geschichten, in denen das Nicht-Sehbare wichtig wurde. Der »Hollow Man« ist so ein Geselle, und wenn er sich durch einen Paul-Verhoeven-Film bewegt, wird er seine Durchsichtigkeit damit beweisen wollen, dass er in das Schlafzimmer der schönen Nachbarin stiefelt, nachdem sie sich bettfertig gemacht hat. Wohlgemerkt, um unsichtbar zu sein, muss auch der Hollow Man die Klamotten ausziehen.
In anderen Science-Fiction-Filmen spielen Tarnvorrichtungen eine bedeutende Rolle. In den »Star Trek«-Filmen schaffen es die Romulaner, die alten Schrottpiraten, ihre Schiffe mit einer Tarnvorrichtung auszurüsten, obwohl die ansonsten eher den Eindruck machen, sie würden von Dampfmaschinen angetrieben. Die Schiffe der Föderation verfügen seltsamerweise auch im zehnten Teil der Spielfilm-Saga immer noch nicht serienreif über derlei Einbauten.
Dementsprechend ist das Geschrei groß, wenn sich mal ein Feindschiff enttarnt, denn nur so kann es feuern. Ein Glück, so war die Action wenigstens gerettet. Wäre die Entwicklung logisch weitergegangen, wären die unsichtbaren Schiffe in Scharen übereinander hergefallen. Aber zu sehen hätte es dann wenig gegeben.
1987 betrat dann der Predator die Leinwand, ein zweibeiniges außerirdisches Wesen, dass gerne jagt, mit der Schönheit von Kakerlaken-Kauwerkzeugen konkurrieren kann und nuklearverseuchten Düsseldorfer Löwensenf zu tanken scheint. Wenn das Wesen mal blutet, kommt strahlend gelb-grüne Brühe heraus.
Der Predator kann im Dunkeln sehen und hat natürlich die Fähigkeit, unsichtbar zu sein. Er arbeitet ebenfalls mit einer energetisch induzierten Phasenverschiebung. Wenn er sich in ein tropisches Blumenbeet stellt, dann sieht er aus wie tropische Blumen. Anders als die Romulaner-Schiffe kann er seine Kanone bedienen, ohne sichtbar zu werden. Wenn er sich bewegt, sieht es aus, als schöbe sich etwas Hintergründiges vor den Hintergrund.
Im ersten Film noch nahm er den Kampf mit Arnold Schwarzenegger auf. Dann trieb er sein Unwesen in X-Box und Play Station. Um die Computerkids ins Kino zu kriegen, ließ man den Predator zwischenzeitlich sogar das arme Alien jagen – eine Idee, die schon in einer Buchreihe extrapoliert wurde. »Alien vs. Predator« war ein trauriger Film, wunderte man sich doch, was Filmmonster alles werden konnten. Geheiratet wird jedenfalls nicht.
Aber da hatte man den zweiten Teil noch nicht gesehen, der die Kämpfe zwischen den beiden Weltraum-Bestien in eine – wohin auch sonst – amerikanische Kleinstadt verlegte.
Rodriguez oder sein Regisseur hätten diesem unwürdigen Schauspiel etwas entgegensetzen können.
Das Böse will je neu übersetzt werden. Aber coole Filme zu machen, ist seine Sache nicht. »Predators« fügt dem Weltraum-Jäger-Genre nichts Neues hinzu. Woher auch. Diese Filmemacher haben schlichtweg keine Sprache, Bilder haben sie aber auch nicht. Nicht einmal für die Unsichtbarkeit. Und so ist dies ein Film, der schon tausendmal lief: Eine Gruppe Soldaten, Kämpfer, Mörder und die Präzisionsschützin der israelischen Armee treffen sich auf einem fremden Planeten, um als Beute zu dienen. Von den Schlachtfeldern sind sie weggebeamt worden, der eine weiß noch, dass er in Tschetschenien unterwegs war, bei den anderen möchte man es ehrlich gesagt auch nicht unbedingt wissen. Im freien Fall auf die Oberfläche werden sie wach und können gerade noch den Fallschirm öffnen. Man fällt in den Wald und ist bis an die Zähne, wenn nicht bis an die Ohren bewaffnet. Die Dialoge kommen aus der Maschinenpistole: »Du schießt auf die falschen Leute!« – »Wieso?« – »Weil wir sonst diese Unterhaltung nicht führen würden.« – »Okay, kannst du mir die richtigen zeigen?«
Das Dschungelcamp als ganz großes Leinwandspektakel. Im Alien-Wald sieht es aus wie in Brandenburg nach Nieselregen. »Wie mies du auch bist, diese Biester sind mieser.« – »Heute morgen wolltest du ihm doch noch den Kopf abreißen … ?« – »Es ist aber nicht mehr heute morgen!«
Held Royce (Adrien Brody) hat extra so ein Heiserkeitsmodul eingeschaltet. Das soll cool klingen und Überlegenheit sowie Verletzlichkeit ausdrücken. Wie der feingliedrige, charmante Darsteller in diesen Film geraten konnte, ist wohl nicht mehr zu klären. Ganz schlimm wird es, wenn er sein T-Shirt auszieht. Mit einer betont nachlässigen Sprache (»fuck«, »geiler Arsch«) versuchen die Figuren, sich selbst Mut zu machen. Jaja, die »Predator«-Saga geizt wiederholt mit philosophischen Einsichten. Auch auf dem Sektor Waffen, Ekel und Gewalteinsatz kann dieser Film nicht punkten. Statt dessen gibt es eine Liebesgeschichte, während das Unsichtbare besiegt in der Ecke liegt.
Nein, es hat hier keine Wiedergeburt erfahren. Der SF-Film wird zum Kleinfamilienkino: »Predators« richtet sich eher ans adoleszente Publikum denn an seine alleinerziehenden Mütter. Sollten diese zufällig Science-Fiction-Filmfans sein, denen nach großen Utopien, überzeugenden Bedrohungsszenarien oder einfach nur interessanten Bildern ist, haben sie wieder einmal Pech gehabt. Das ganze Genre liegt am Boden.

»Predators« (USA 2010) Regie: Nimrod Antal. Darsteller: Adrien Brody, Topher Grace, Danny Trejo, Alice Braga.
Bereits angelaufen.