Bullen, Böller und Bambule

In Hamburg hat man manchmal das Gefühl, die Polizei führe sich, insbesondere im Schanzenviertel, wie eine Besatzungsmacht auf. Immer wieder berichten Leute von Übergriffen, die nie aufgeklärt werden. Zuletzt, nach einer Polizeiaktion im Stadtteil Neuwieden­thal, in deren Folge ein Polizist verletzt wurde, forderte Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) erneut eine Strafverschärfung bei Übergriffen auf die Polizei. Auf die Idee, die Strafe für Amtsmissbrauch zu verschärfen und solche Vorfälle aufklären zu lassen, kam er nicht. Es verwundert so nicht, wenn sich die Innenbehörde durch eine Demonstration gegen Polizeigewalt, die unter dem Titel »Lost in Repression« am Wochenende in Hamburg stattfand, zu einem gewaltigen Aufgebot an Mensch und Material veranlasst sah. Als ob man – wenn man schon der Gewalttätigkeit bezichtigt wird – gut gewappnet sein möchte, wenn es zur Sache geht.
Zur Sache ging es dann nicht, was insbesondere die Hamburger Morgenpost, die sich sicherlich eine Doppelseite dafür freigehalten hatte, bis ins Mark getroffen haben muss. Um wenigstens einen Anschein von autonomen Terror zu erwecken, titelte sie am folgenden Tag prompt: »Böller und bengalische Feuer«. Die gab es tatsächlich am Ziel der Demonstration, der Roten Flora. Schon zu Beginn der Demonstration in der Hafenstraße war ein kleines Silvesterfeuerwerk entzündet worden. Dass die Polizei dagegen nicht vorging, war eine kleine Überraschung, denn für gewöhnlich macht sie es einem leicht, das Vertrauen in sie zu verlieren.
Nachdem die Demonstration offiziell beendet war, blieben Polizei und Demonstranten dennoch in Lauerstellung und in alter Feindschaft, wahrscheinlich der Mopo zuliebe. So gab es am späten Abend doch noch Randale, mit Verletzten bei der Polizei und Verhafteten auf der Gegenseite. Die Aufrechnung in der Presse folgt der bekannten Logik: Niedergeknüppelte Demonstranten sind als Opfer nicht von Interesse – und Polizisten nicht zu verhaften. Von wem auch?