Findet die Überwachung der Partei »Die Linke« durch den VS absurd

Stasi vs. Stasi

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat geurteilt, es sei rechtmäßig, dass der Verfassungsschutz Politiker der Linkspartei überwacht.
Von

Es gibt naheliegende, für jeden nüchtern denken Menschen offensichtliche Argumente, weshalb eine Beobachtung der Partei »Die Linke« durch den Verfassungsschutz (VS) absurd ist. Etwa, dass man einer Partei, der man vorwirft, sich nicht genügend von der Stasi zu distanzieren, nicht ausgerechnet die heute fürs Spitzeln zuständige Institution auf den Hals hetzen sollte.
Ebenfalls offensichtlich ist, dass »antikapitalistische« Maßnahmen, wie Banken zu verstaatlichen oder das Finanzkapital zu drangsalieren, derzeit eher von Angela Merkel umgesetzt werden als von der sozialdemokratischen »Linken«, die dort, wo sie regiert, brav alle »notwendigen« Kürzungen im Sozialbereich durchsetzt. Drittens ist es skandalös, Menschen, ohne dass man ihnen irgendwelche umstürzlerischen Handlungen auch nur unterstellt, allein wegen ihrer Anschauung oder weil sie sich als Kommunisten bezeichnen, einem Generalverdacht auszusetzen; zumal in Deutschland, wo Kommunisten aus Gesinnungsgründen einst in Konzenterationslagern umgebracht wurden.
Es gibt jedoch ein weiters Argument, nämlich dass der VS auch völlig ungeeignet für eine Kon­trolle der Linkspartei ist, weil er schlicht keine Ahnung hat. Vor allem fünf Strömungen in der Partei beunruhigen ihn: die Kommunistische Plattform und die Sozialistische Linke, weil sie die »Vorherrschaft des Kapitals« überwinden möchten, außerdem der Geraer Dialog, der im Grunde nur ein internes Netzwerk innerhalb der Partei ist, das Marxistische Forum, das die »Gesellschaftsanalyse in der Partei« fördern möchte und dem VS zufolge 56 Mitglieder hat, von denen die meisten näher an der 100 als an der 60 sind, was die Anzahl ihrer Lebensjahre betrifft. Und schließlich die Arbeitsgemeinschaft »Cuba Sí«, weil sie »Solidaritätsarbeit für Kuba« betreibe.
Was sollen das für Gefährdungen der deutschen Demokratie sein? Die deutsche Wirtschaft hat im vorigen Jahr Waren im Wert von 150 Millionen Euro nach Kuba exportiert, für gut 40 Millionen Euro importiert Deutschland aus Kuba. »Cuba Sí« steht derzeit mit Spendendosen in der Fußgängerzone, um Geld für einen landwirtschaftlich nutzbaren Bulldozer zu sammeln. Gegen die »Herrschaft des Kapitals«, gegen die bösen Banker und Spekulanten wettern in jeder zweiten Fernseh-Talkshow die gesammelten Geißlers der Nation, und selbst die DDR-nostalgischsten Greise aus dem Lesezirkel des Marxistischen Forums werden keine Mauer mehr errichten.
Das bedeutet nicht, dass es nicht gefährliche Tendenzen innerhalb der Linkspartei gäbe, nur die kann der VS nicht orten. Der in der Partei verbreitete Antiimperialismus und der Antizionismus etwa sind mit dem Linksextremismus-Begriff des VS gar nicht zu fassen. Auch nicht mit dem Anliegen, die deutsche Verfassung zu schützen: Während die Forderung, das Privateigentum abzuschaffen, ein Fall für den VS ist, ist es durchaus verfassungskonform, die Abschaffung Israels zu fordern. Und während Oskar Lafontaine von einer geplanten Teheran-Reise durch seine Partei abgebracht werden konnte, war der heutige Bundesminister Peter Ramsauer von der CSU 2008 im Iran, um den Mullahs seine Solidarität im Kampf gegen Sanktionen zu versichern. Wo war da der VS? Wahrscheinlich in der Paderborner Fußgängerzone beim Infostand von »Cuba Sí«.