Kommentiert die Reaktionen von NGO

Humanität als Camouflage

Auch zwei Monate nach der Gewalteskalation auf der »Mavi Marmara« gibt es von deutschen NGO kein Wort der Kritik oder Selbstkritik am Unternehmen »Free Gaza«.

Bereits im Februar 2009 hatte der türkische IHH-Vorsitzende Bülent Yildirim bei einem Aufenthalt in Gaza angekündigt, alles zu unternehmen, um der Blockade des Gaza-Streifens ein Ende zu bereiten. Seine Landsleute, so sagte er vor Tausenden Hamas-Anhängern, stünden bereit, um für die »palästinensische Sache« als »Märtyrer« zu sterben.
Welche Informationen auch immer über die IHH bekannt werden, die an »Free Gaza« beteiligten deutschen NGO sehen keinen Grund zur Selbstkritik. Bei den Internationalen Ärzten für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) ist man noch immer der Ansicht, die IHH verfolge lediglich karitative Zwecke. Die Äußerungen des stellvertretenden IPPNW-Vorsitzenden Matthias Jochheim in einem Interview des Kölner Stadt-Anzeigers vom 2. Juni, dass die Vereinigung »eine Art Rotes Kreuz der Türkei« und von »pazifistischer Gesinnung« ist, wurden bis heute nicht revidiert. Auch das Präsidium von Pax Christi will nichts von seinen Ende Juni getroffenen Erklärung zurücknehmen, warum die Beteiligung am »Free Gaza«-Konvoi vollkommen richtig und erfolgreich gewesen sei: »Die Blockade hat ihre stillschweigende Akzeptanz in der Weltöffentlichkeit verloren«, ihr Ende stehe deshalb »auf der politischen Tagesordnung«. Nun müsse die Hamas »in Gespräche einbezogen« werden, schließlich habe sie Israel »wiederholt einen Waffenstillstand angeboten« und zudem »bewiesen, dass sie eine Feuerpause durchsetzen kann«. Die Anerkennung Israels müsse dabei das Ziel der Gespräche sein und nicht deren Vorbedingung. Dass die Hamas sowohl in ihrer Charta und den Reden ihrer Führer als auch in der Praxis unmissverständlich auf die Vernichtung des jüdischen Staates zielt, scheint man bei Pax Christi nicht zur Kenntnis nehmen zu wollen.
Auch bei den im Nahen Osten tätigen NGO, die nicht an der »Friedensflotte« beteiligt waren, sucht man vergeblich nach einer Kritik am Un­ternehmen »Free Gaza«. Sofort nach dem israelischen Einsatz am 31. Mai sprach etwa Medico International von einem »schockierenden und blutigen Kapern von Hilfsschiffen auf hoher See« und verlangte, ebenso wie Misereor, »internationale Maßnahmen« gegen Israel sowie ein Ende der Blockade des Gaza-Streifens.
Einen Monat später trat das Bündnis »Entwicklung Hilft« – dem neben Medico und Misereor auch Brot für die Welt, Terre des Hommes und die Welthungerhilfe angehören – mit einer Pressemitteilung an die Öffentlichkeit, in der »das sofortige Ende der israelischen Blockade des Gaza-Streifens« und »diplomatischer Druck auf Israel« verlangt wurden. Der Geschäftsführer des Bündnisses, Peter Mucke, sagte zudem: »Vermeintliche Sicherheitsbedenken dürfen nicht länger als Rechtfertigung für die Isolierung Gazas gelten.«
Nachdem inzwischen völlig klar ist, dass es sich bei »Free Gaza« nicht um ein Unternehmen mit friedlichen, karitativen Absichten handelte, sondern um ein Bündnis aus europäischen Friedens- und NGO-Aktivisten sowie todessehnsüchtigen Islamisten, das zum Zwecke der Dämonisierung und Delegitimierung Israels sowie zur faktischen Unterstützung der Hamas in See gestochen war, ist die NGO-Szene langfristig desavouiert. Die vermeintliche oder tatsächliche Not der im Gaza-Streifen lebenden Palästinenser beschäftigt diese Vereinigungen nur dann, wenn sie sich für den Kampf gegen Israel instrumentalisieren lässt. Sofern sich jedoch palästinensische Organisationen gegenseitig den Schädel einschlagen – wie etwa beim Putsch der Hamas im Juni 2007 –, bleiben sie untätig. Das vermeintlich humanitäre Anliegen der »Freedom Flotilla« war deshalb nur eine Camouflage, wie das Vorgehen gegen die angeblich völkerrechtswidrige Blockade des Gaza-Streifens nichts weiter als ein Versuch war, den jüdischen Staat wehrlos zu machen und seinen Feinden auszuliefern.