Neue Stimme für die Vertriebenenarie

Es sollte wohl nicht auffallen. Noch kurz vor der Sommerpause hat der Bundestag fast unbemerkt die letzten zwei Mitglieder im Rat der Stiftung »Flucht, Vertreibung, Versöhnung« benannt. Beide ihm noch zustehenden Sitze ließ der Bund der Vertriebenen (BdV) im Frühjahr unbesetzt, nachdem seine Vorsitzende Erika Steinbach wegen des Vetos von Guido Westerwelle nicht in den Rat gewählt worden war. Als Ausgleich für den Rückzug Steinbachs gab der Bundestag seine Vetostimme auf und der BdV erhielt zwei weitere Stellvertreterposten. Einen davon nimmt Hartmut Saenger ein.
Mit der Nominierung Saengers und seines Kollegen Arnold Tölg löste der BdV pünktlich zu seinem 60jährigen Jubiläum erneut Empörung aus. Denn beide sind für ihre revanchistischen Äußerungen bekannt. Saenger, geboren 1940, ist Landesvorsitzender des BdV in Hessen und Vorsitzender der Pommerschen Landsmannschaft. Ob er selbst aus Pommern stammt, das der BdV Hessen auf seiner Website als eine »seit 1181 mit dem Reich verbundene deutsche Provinz« bezeichnet, ist nicht bekannt. Belege für die »klar revanchistischen Positionen« Saengers, wie der SPD-Bundestagsabgeordnete Dietmar Nietan sie einschätzt, sind hingegen leicht auffindbar. So schrieb Saenger anlässlich des 70. Jahrestags des Angriffs auf Polen in der Preußischen Allgemeinen Zeitung, dass das nationalsozialistische Regime nicht die alleinige Schuld am Zweiten Weltkrieg trage: »Erst England machte den Krieg um Danzig zu einem weltweit ausgetragenen Krieg, der dann durch den Kriegseintritt der USA wegen seiner Interessen am Pazifik zum globalen Krieg ausuferte.« Schuld gibt Saenger auch den Angegriffenen: »Besonders kriegerisch führte sich Polen auf.«
Silvio Peritore vom Vorstand des Zentralrats der Sinti und Roma sieht in den Äußerungen Saengers die »pauschale Umdeutung der Deutschen zu Opfern, wie sie seit jeher Politik des BdV gewesen« ist. Als »mit dem satzungsmäßigen Versöhnungsauftrag der Stiftung nicht vereinbar« bezeichnete Salomon Korn, Vizepräsident des Zentralrats der Juden und Mitglied im Stiftungsrat, die Entsendung von Saenger und Tölg. Der Grüne Volker Beck fasst zusammen: »Versöhnung? Nix da.«