»Der Friedhof wurde sehr gut angenommen«

Schon wieder das ganze Wochenende lang »World of Warcraft« gespielt? Dunkle Augenringe, weil wegen »Counterstrike« keine Zeit zum Schlafen geblieben ist? Ein Angebot des Drogenreferats der Stadt Frankfurt könnte Abhilfe schaffen: Seit kurzem betreibt die Behörde die Internetseite »Herolymp«. Dort können Online-Rollenspieler ihre Avatare im Internet beerdigen. Renate Lind-Krämer vom Frankfurter Drogenreferat gibt Auskunft über die letzte Ruhestätte für digitale Spielfiguren.

Wie viele Avatare sind denn schon beerdigt worden?
Mittlerweile sind es 200.
Hatten Sie mehr Beerdigungen erwartet?
Angesichts unserer bisherigen Erfahrung mit Präventionsprojekten haben wir damit gerechnet, dass es lange dauert, bis die Sache anläuft. Wir waren daher vollkommen überrascht von diesem Beerdigungsboom. Der Friedhof wurde von der Zielgruppe sehr gut angenommen.
Ist die Beerdigung mit einer bestimmten Zeremonie verbunden?
Man kann ein Bild des Avatars hinterlassen und ein Testament ­schreiben. Wir haben uns bemüht, die Grafik zielgruppenspezifisch zu gestalten. Bisher gab es nur eine Rückmeldung, in der die Grafik bemängelt wurde. Herolymp hat anscheinend den Stil der Szene getroffen.
Wie alt sind die Hinterbliebenen durchschnittlich?
In den Medien wird der Konsum von Online-Spielen meist so diskutiert, als sei er ein Jugendproblem. Das ist nicht ausschließlich so. Eine amerikanische Studie hat vor einigen Jahren ein Durchschnittsalter von 26 Jahren bei den Online-Rollenspielern ermittelt. Ich war dennoch überrascht, wie viele ältere Spieler sich bei uns von ihrem Avatar trennen. Manche sind über 40. Selbstverständlich sind aber auch sehr viele junge Spieler dabei.
Belassen es die Spieler bei der Beerdigung oder wenden sich manche auch an die Suchtberatung?
Auf der Seite gibt es das Angebot, einen Selbsttest zu machen, der einzuschätzen hilft, ob der Konsum problematisch ist. Daneben stehen Links zu Hilfsangeboten zur Verfügung. Bisher wird die Hilfe aber nicht in Anspruch genommen. Ich denke, für die meisten Spieler ist es ein erster, wichtiger Schritt, ihren Avatar aufzugeben. Zugleich wissen sie, dass es ihre Spielfigur noch irgendwo gibt und diese in Ehren gehalten wird. Für viele Spieler ist ein Avatar über lange Zeit ein Begleiter, fast wie ein guter Freund. Nach der Beerdigung warten sie erst einmal ab, wie es ihnen ohne die Figur geht.