Die Begnadete

Abbey Lincoln. Männliche Sänger haben im Jazz nie großartig gezählt. Jazzgesang war und ist die Domäne der Frauen. Dabei lässt sich unterscheiden zwischen dem Gesang der großen Könnerinnen – vorneweg Ella Fitzgerald, aber etwa auch Sarah Vaughan – und dem der begnadeten Dilettanten – Billy Holiday wäre hier vorneweg zu nennen. Im Zweifelsfall entscheidet man sich natürlich für letztgenannte: Ella Fitzgeralds Kunst ist bewundernswert, Billy Holidays Gesang sorgt für Gänsehaut. Auch Abbey Lincolns Stimme berührte einen emotional. Auf frühen Platten aus den Sechzigern hört man sie, begleitet von dem großen Schlag­zeuger Max Roach, und diese Aufnahmen sind pure Magie. Diese nackte Stimme, die sich vom Spiel ihres auch privaten Partners umtänzeln lässt, das sind Momente reiner Schönheit. Abbey Lincoln war schon früh Teil der Bürgerrechtsbewegung und trug ihren Afro mit Stolz, auch als Schauspielerin glänzte sie. Vorvergangene Woche ist sie im Alter von 80 Jahren in Manhattan verstorben.   AHA