Jungt!

Der letzte linke Student ist alt und verbraucht. Das heißt: Nein, der letzte linke Student ist vielleicht gar nicht alt und verbraucht. Aber: der letzte linke Student fühlt sich alt und verbraucht. Und leer? Leer fühlt er sich auch noch. Allerdings: wenn der letzte linke Student sich leer und alt und verbraucht fühlt, wie kann er dann noch Revolution machen?
Bekanntlich: »Die Revolution ist eine Sache der Jugend. Die Revolution braucht viel Schwung und viel Frische, denn sie bringt Schwung und Frische in alles. Die Revolution ist die Umwertung aller Werte. Sie ist die Zukunft. Die Alten aber, die sind die Vergangenheit. Daher kann man eine Revolution nur als junger Mensch durchführen. Die Alten müssen zusehen. Ihre Welt wird weggewischt. Ausgelöscht. Denn die Alten haben nicht die Kraft, die neue Welt zu gestalten. Sie müssen weichen.« So steht es im besonderen Notizbuch des letzten linken Studenten. Das steht dort bereits seit mehreren Jahren. Und es ist selbstredend: noch immer richtig.
Nun wird der letzte linke Student jedoch alt. Denn: Jeder Mensch wird älter. Aber ist dieses Alter das Alter, von dem der letzte linke Student dort geschrieben hat, wirklich das Alter, das der letzte linke Student nun hat? Nein. Der letzte linke Student weiß, dass man immer nur so alt ist, wie man sich fühlt. Daher: fühlt sich der letzte linke Student nun auf einmal ganz unverbraucht. Und voll: voll fühlt er sich auch. Wenn auch nicht zu voll. Doch: voller Tatendrang. Voller Tatendrang ist der letzte linke Student auf jeden Fall. Und daher: ist der letzte linke Student auch nicht mehr alt. Sondern wieder: ganz jung. Und auch wir sollten erkennen, welcher Jungbrunnen unsere Gefühle sind, und nicht immer nur lasch herumhängen.