Du sollst nicht lassen posaunen

»Die Furcht vor Verlust ein Pfad zur dunklen Seite ist«, lehrt Yoda. Das hat sich George Lucas wohl zu Herzen genommen. Er unterzeichnete »The Giving Pledge« und trennt sich von einem Teil seines Vermögens, ebenso wie 39 weitere Milliardäre. Doch ist Yoda als führendes Mitglied eines obskurantistischen Geheimordens, der Kindersoldaten rekrutiert und ihnen eine zölibatäre Existenz aufzwingt, sich ohne demokratische Legitimation unter Missachtung des staatlichen Gewaltmonopols in die Angelegenheiten der Galaxis einmischt und sich aus dubiosen Quellen finanziert, offenbar nicht zuletzt durch die Beziehungen zu der kriminellen Organisation eines gewissen Jabba, wirklich ein Vorbild?
Auch Jesus war der Ansicht, dass die Sorge um den Besitz den Menschen um sein Seelenheil bringt. Doch fügte er eine unbequeme Mahnung hinzu: »Wenn du Almosen gibst, sollst du nicht lassen vor dir posaunen, wie die Heuchler tun in den Schulen und auf den Gassen, auf dass sie von den Leuten gepriesen werden.« Ambrosius von Mailand sagte sogar: »Es ist nicht dein Gut, mit dem du dich gegen den Armen großzügig weist. Du gibst ihm nur zurück, was ihm gehört.« Das gilt heute mehr denn je, da nur als Rettungspakete bezeichnete Großspenden in Höhe von mehreren Billionen Dollar den Weiterbetrieb des Kapitalismus überhaupt möglich machen. Das aber ist erstaunlich schnell vergessen worden, am schnellsten natürlich von jenen, die diese Spende in Empfang nahmen. Hat seitdem ein einziger für die edlen Spender die Posaune geblasen? Auch als zuvor die Macht mit den Milliardären war und ihnen eine Steuersenkung nach der anderen bescherte, war kein Wort des Dankes zu vernehmen. Nun aber, da einige von ihnen ein paar erbärmliche Milliarden wieder herausrücken, sollen wir glauben, dass sie nicht zur dunklen Seite gehören.
Doch auch beim Spenden vergessen die Milliardäre die Macht nicht. Denn mit Stiftungen wie der George Lucas Educational Foundation oder der Bill&Melinda Gates Foundation mehren sie ihre Macht in gesellschaftlichen Bereichen wie der Bildungs- und Gesundheitspolitik. Obwohl nicht das Lichtschwert, sondern das Geld den Mangel an demokratischer Legitimation kompensiert, handelt es sich um einen neofeudalistischen Trend: persön­liche Abhängigkeit und Gefolgschaft statt big government und gesichtsloser Bürokratie. Die Milliardäre verteilen ihre Gunst nach Gutdünken, sie betonen beim »Giving Pledge«, dies sei »kein rechtsgültiger Vertrag«. Sie betrachten die Spende als Gnadenakt und erwarten, für ihre Großzügigkeit gelobt und geliebt zu werden. Doch in ständiger Bewegung die Zukunft ist. »Eure Überheblichkeit ist eure Schwäche«, warnt Luke Skywalker. Jesus lehrte zwar: »Liebet eure Feinde.« Aber man muss es ja nicht übertreiben mit der Befolgung christlicher Regeln.