Grobschlächtig und primitiv

Berlin Beatet Bestes. Folge 60. Laya Raki und die Schock-Kings: »Oh Johnny, hier nicht parken« (1963).

Laya Raki ist bis heute die glamouröseste Hamburger Persönlichkeit mit Weltruhm, mal abgesehen von Wolfgang Joop und Karl Lagerfeld. Heute kennt sie leider kaum mehr jemand, in den Fünfzigern und Sechzigern war Laya Raki jedoch eine bekannte Filmschauspielerin und ein in unzähligen Magazinen abgebildetes Glamour- und Pin-Up-Girl. Als Brunhilde Jörns wurde die Tochter eines Zirkusartistenpaars 1927 geboren. Unter dem exotisch klingenden Pseudonym Laya Raki war sie 1947 eine der ersten sogenannten Schönheitstänzerinnen der Nachkriegszeit und trat ab 1954 in Dutzenden von internationalen Filmen und Fernsehserien auf. Warum kennt man sie also heute nicht mehr? Es war wohl ihr Fluch, nie mehr als die verführerische Nebendarstellerin gewesen zu sein. In vielen Abenteuer- und Actionfilmen der Nachkriegszeit gelangten die Helden auf ihren Reisen irgendwann in einen Nachtclub, eine Spelunke oder einen Harem, in dem eine exotische Tänzerin auftrat. Oft genug stammte diese nicht aus Casablanca, Istanbul oder Bombay, sondern eben aus Hamburg. Im Moment des Auftritts waren alle Augen, vor allem die der Männer, auf sie gerichtet, sie genossen die verführerischen Posen, die die Sehnsucht nach fremden Ländern weckten. Aber sobald die Handlung weiterging, war jemand wie Laya Raki auch schon vergessen. Selbst ihre millionenfach verbreiteten Pin-Up-Fotos hatten nur eine relativ kurze Halbwertzeit.
Ihre erste und einzige Schallplatte nahm Laya Raki 1963 auf, als sie bereits 36 Jahre alt war. Die Twistwelle in Deutschland war auf dem Höhepunkt, und auch das kleine Frankfurter Variety-Label Carina, auf dem zumeist Schlager und Stimmungsmusik, aber auch die ersten Aufnahmen der Frankfurter Rock’n’Roll-Band Fats & his Cats erschienen waren, versuchte auf ihr mitzusurfen. Der Labelinhaber Bernhard Mikulski, der in den achtziger Jahren mit seinem ZYX-Label den Begriff Italo-Disco prägte, produzierte mit Laya Raki daraufhin den mit Sicherheit erotischsten deutschen Twist. Nach den ersten hämmernden Schlagzeugtakten twistet Laya Raki gleicht ordentlich los und haucht und stöhnt:

»Oh Johnny, bitte glaube mir,/Ich bin so gern ganz nah bei Dir/denn du nur bist für mich der Mann,/bei dem ich nicht Nein sagen kann.«

Den Refrain »Oh Johnny, hier nicht parken« verkürzt sie jeweils um ein Wort, bis schließlich nur noch: »Oh Johnny, hier nicht!« und »Oh Johnny!« übrigbleibt. Für heutige Verhältnisse klingt das wenig shocking, es kam jedoch im Zuge der Veröffentlichung der Single zu einigen Klagen und Gerichtsverfahren. In April 1964 urteilte ein Nürnberger Gericht: »Die Sängerin der Platte macht mit ihrer Wiedergabe das Ächzen und Seufzen des Geschlechtsverkehrs auf täuschende Weise nach« und verbot die weitere Verbreitung. Das »grobschlächtige, primitive Machwerk« – so ein hanseatischer Richter – ist allerdings immer noch eine unterhaltsame Nummer. Bear Family Records hat sie 2003 auf der Compilation »Vor Kurven wird gewarnt« wiederveröffentlicht.