Staying Alive

Britische Prominente treten normalerweise für wohltätige Projekte ein, die nicht sonderlich polarisieren. So engagiert sich Radiohead-Sänger Thom Yorke für fairen Welthandel, Vegetarier Paul McCartney mag keine Tierquäler, und Punk-Ikone Vivienne Westwood protestierte vor drei Jahren gegen die Neuanschaffung von Atom-U-Booten für die Royal Navy. Für seinen Aktivismus blickt der Bee Gees-Sänger Robin Gibb in die Vergangenheit. Der 60jährige, der es mit dem Hochfrequenzgesang seiner Band und Hits wie »Saturday Night Fever« zu Weltruhm gebracht hat, offenbarte in einem Interview mit der Times, was ihn »wirklich bewegt«: das Schicksal von 55 000 der 125 000 Freiwilligen, die im Zweiten Weltkrieg als Piloten für die Royal Air Force Bomben auf deutsche Städte wie Hamburg oder Dresden warfen und ums Leben kamen. »Ich war noch gar nicht auf der Welt, als diese Kerle das taten, was sie eben taten«, sagte Gibb. »Aber ich weiß, dass sie für ihr Opfer ein Denkmal verdienen.« Der Gedenkstein soll in London aufgestellt und im kommenden Herbst von der Queen enthüllt werden. Für das Ehrenmal hatte sich in der Vergangenheit der Veteranenverband Bomber Command Association vergebens stark gemacht. Die Flieger, die unter dem Kommando von Arthur Harris standen, wurden nach dem Krieg nicht geehrt, auch weil Luftangriffe auf zivile Ziele bei der britischen Militärführung umstritten waren. Dass ihrer nun doch gedacht werden soll, ist im Wesentlichen dem Einsatz der Heritage Foundation zu verdanken, deren Präsident Robin Gibb ist. Sie setzte sich bei der Verwaltung des Londoner Stadtteils Westminster für die Baugenehmigung des Denkmals ein. Auch Premierminister David Cameron sicherte seine Unterstützung für die Ehrung der Bomberpiloten zu, das die Bild-Zeitung bereits als »Schandmal« bezeichnet.
Dresdens Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) ließ sich am Montag bei ihrem Besuch in London allerdings nicht anmerken, dass die Krauts den Briten ihren antifaschistischen Einsatz noch immer verübeln. In ihrer Rede bei der Eröffnung einer Ausstellung zum Luftkrieg über London, Coventry und Dresden ging sie nicht auf das Ehrenmal ein. Auch die Sprecherin der Bürgermeisterin äußerte sich in den Dresdner Neuen Nachrichten zurückhaltend: »Die Dresdner wissen, dass Erinnerungskultur widerspruchsvoll und schwierig ist. Es steht uns deshalb nicht zu, den gesellschaftlichen Diskurs in Großbritannien zu bewerten.«